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THEKEN Tanz: AbsetzBar

Berlin mag sich wandeln und häuten und ständig neu erfinden, doch völlig unbeeindruckt halten sich altbewährte Biotope. Im Westen sind das beispielsweise einige Ecken in der Umgebung des Kurfürstendamms.

Von Frank Jansen

Berlin mag sich wandeln und häuten und ständig neu erfinden, doch völlig unbeeindruckt halten sich altbewährte Biotope. Im Westen sind das beispielsweise einige Ecken in der Umgebung des Kurfürstendamms. Hinter opulenten Gründerzeitfassaden wird da die einstige Mauerstadt konserviert und alles Neue konsequent ignoriert. Diese Beharrlichkeit, dieses Ick-bin-ick-und-det-bleibt-ooch-so, lässt sich unter anderem in der AbsetzBar besichtigen. Schon der Name kündet von einer, sagen wir mal, sehr speziellen Originalität, so patinös wie programmatisch. Und dieser Anspruch wird im Lokal kongenial verwirklicht.

Da wird hier natürlich weiter geraucht. Der Betreiber hat halt das Speisenangebot auf ein paar Tapas zusammengestrichen, weil irgendwelche Gesetze aus einem fernen Parlament einer Raucherbar strenge Regeln auferlegen. Der Keeper zieht schon beim Aussprechen des Wortes „Raucherbar“ eine Augenbraue hoch, als fühle er sich durch ignorante Gesundheitsapostel schikaniert. Doch das Publikum, eine Charlottenburger Kiezmischung mit lockerem Griff zum Geld, hält zur AbsetzBar. Herren mit schwarzen Sakkos und weißen Hemden, oben lässig geöffnet, sitzen mit sehr blonden Damen, darunter osteuropäisch anmutende Gesichter, an weiß eingedeckten Tischen. Die Bestuhlung ist weinrot gepolstert, an den Wänden ziehen sich gleichfarbene Lederbänke entlang, die Rückenlehne ist in der Art von Chippendale-Sofas durchgeknöpft. Über der Tresenwand hängt ein Flachbildschirm, zu sehen ist ein lautlos brennendes, ewiges Kaminfeuer. Zwischen Tresen und Lounge sind als Raumteiler griechisch-römische Säulen drapiert. Das Mittelmeer ruft. Einige Gäste sind hier auch im Winter gebräunt.

In der Karte sind reichlich Cocktails gelistet, darunter viele Klassiker. Der drinking man und ein compañero untersuchten einen Mai Tai, der exakt den Anforderungen an Wucht und Süße entsprach, einen Gin Tai, der gut schmeckte, aber mit gestoßenem Eis anstelle der gefrorenen Wasserwürfel noch an Aroma gewonnen hätte, einen Hurricane, hübsch dekoriert mit einem Weintraubenspieß, und einen Gimlet. Da der drinking man den angebotenen Gordon’s Gin verweigerte und auf Tanqueray bestand, wurde ein Aufschlag in Höhe von zwei Euro fällig. Dafür war die große Cocktailschale randvoll. Gimlet opulent. Trinkt man hier so.

Auf den Charme der AbsetzBar muss man sich einlassen wollen. Und den good old West-Berliner in sich wecken. Der wird hier glücklich. Frank Jansen

AbsetzBar, Mommsenstraße 61, Charlottenburg, Tel.: 88 71 25 87, täglich ab 17 Uhr, montags bis samstags bis 3 Uhr, sonntags bis 1.30 Uhr

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