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Thema "Isharegossip": Bildungsverwaltung fordert Pflichtunterricht für Lehrer

Der Hype um die Lästerseite "isharegossip.com" ebbt ab, doch das Thema bleibt auf der Agenda: Schüler setzen ihren Protest fort, Lehrer machen sich schlau - und die Bildungsverwaltung möchte Fortbildungen für Lehrpersonal sogar zur Pflicht zu machen.

„Unser Boykott gegen ’Isharegossip’ läuft noch“, sagte Simon Hertling, Schülersprecher der Humboldt-Oberschule in Reinickendorf. Bisher seien beim Sprecherteam die Unterschriften aus knapp dreißig Klassen, also etwa der Hälfte der Schülerschaft, eingegangen. „In den meisten Klassen hat nur eine Unterschrift gefehlt - in zwei zehnten Klassen waren es jedoch fünf Enthaltungen“, sagte Luise Doll aus dem Schülersprecherteam. Das Team habe das Gefühl, dass der Hype um „Isharegossip“ an ihrer Schule abebbe. Zumindest schlössen sie das aus den Kommentaren vieler Schüler. „Sie sagen: Warum macht ihr das mit den Unterschriften jetzt noch? Das ist doch gar kein Thema mehr“, sagte Doll. Jedoch ist seit den Vorfällen auf „Isharegossip“ das Interesse an der Arbeit mit Inhalten des Internets an Schulen gestiegen. Das zeigen die aktuellen Zugriffszahlen am Landesinstitut für Schule und Medien (Lisum) Berlin-Brandenburg. Laut Referatsleiter für Medienbildung, Michael Retzlaff, hätten sich die Online-Zugriffe im Bereich Cybermobbing im März im Vergleich zum Dezember fast verdreifacht und seien von etwa 7000 auf über 19 000 angestiegen. Ähnliche Zahlen zeigen sich auch auf dem Portal des Bildungsservers Berlin-Brandenburg, der sowohl Lehrmaterialien als auch Hinweise zu Ansprechpartnern bietet. „Diese Aufmerksamkeit braucht Antworten“, sagte Retzlaff. Bildungssenator Jürgen Zöllner hatte in der „Aktuellen Stunde“ am vergangenen Donnerstag zugegeben, dass das Problem noch nicht gelöst sei. „Aber das was machbar ist, mache wir“, sagte er. Ob dabei verbindliche Regelungen für Lehrer und Schulen in der Lehrerfortbildung im Bereich Medienkompetenz an Schulen im „eEducation Masterplan“ geplant seien - mit Medienkompetenz gemeint ist beispielsweise die Schulung im Bereich Soziale Netzwerke, Persönlichkeits- und Urheberrechte und sozialer Verantwortung im Netz? Aus der Bildungsverwaltung hieß es dazu, dass es auch in Zukunft den Schulleitern überlassen bleibe, den Fortbildungsbedarf ihrer Schule festzustellen. Jedoch schlage Senator Zöllner im Rahmen seines Qualitätspakets für Schule und Kita vor, Fortbildungen für alle Lehrkräfte im Umfang von mindestens sechs Doppelstunden pro Schuljahr verpflichtend zu machen, sagte Sprecherin Beate Stoffers. „Ein weiterer Vorschlag ist, die Fortbildung nachfrageorientiert auszurichten. Die Schulen können dann über Gutscheine die für sie erforderlichen Fortbildungen buchen.“ Diese Vorschläge würden derzeit noch diskutiert. Der Senator werde voraussichtlich vor Ostern das Qualitätspaket vorstellen.

Um zu beraten, wie Cybermobbing in Zukunft an Schulen eingedämmt werden kann, hatte sich Bildungssenator Zöllner vergangenen Mittwoch zu einem Krisentreffen mit Schulpsychologen, Polizeivertretern, Landesschülersprecher Jonas Botta und drei Schulleitern, unter anderem von der Schering Sekundarschule (Mitte) und der Rütli-Oberschule (Neukölln) getroffen. Bei dem Gespräch habe sich gezeigt, dass nicht wie vermutet nur Gymnasien, sondern auch Sekundarschulen von den Auswirkungen der Hassplattform betroffen seien, sagte Stoffers. Damit hätten sie festgestellt, dass sich Lösungsansätze auch auf die entsprechenden sozio-kulturellen Hintergründe der Schüler und Eltern beziehen müssten. „Was für die eine Schule gut ist, muss nicht für die andere gelten.“ Derzeit werde die Sitzung ausgewertet, zudem würden mit Einzelnen weitere, regelmäßige Treffen stattfinden. Am vergangenen Montag hatte das Schülersprecherteam der Humboldt-Oberschule zur Unterschriftaktion gegen „Isharegossip“ aufgerufen. Wer sich heute auf der Mobbing-Seite der Schule umschaut, die nur noch über ihre URL, aber nicht mehr über Suchmaschinen zu finden ist, findet die letzten aktuellen Kommentare am 22 und 27. März. Sie sind nichtssagend. Auch am Hans-Carossa-Gymnasium sei nach der Amokdrohung auf „Isharegossip“ wieder Ruhe eingekehrt, sagte Schulleiterin Maria Meyer. „Seitdem wir uns intensiv in den Klassen mit dem Thema beschäftigt haben, ist kein Schüler mehr zu mir gekommen.“ Der Täter sei jedoch nicht gefunden. Auch auf dem Shadow Gymnasium sei noch nicht klar, wer hinter der Amokdrohung stecke, sagte der stellvertretende Schulleiter Andreas Krenz. „Aber wir sind zuversichtlich, dass sich die Schüler durch unsere Aufklärungsarbeit diesem Forum nicht mehr widmen. Die Einträge dort haben bereits abgenommen.“ Dennoch sei es wichtig, dass das Thema Cybermobbing nun im Bewusstsein aller angekommen sei. Aufgabe für die Zukunft sehe die Schule nun darin, noch stärker auf das Thema Medienkompetenz zu setzen. „Wir denken darüber nach, wie wir unser Profil im in diesem Bereich noch verbessern können.“

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