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Berlin: Thomas Flierl auf den Spuren Rosa Luxemburgs

Kultursenator eröffnet „Denkzeichen“ an der Volksbühne – Lindner ehrt derweil Friedrich Ebert

Lange hat es gedauert. Und fertig ist die Denkzeichensammlung noch nicht, aber so weit fortgeschritten, dass Kultursenator Thomas Flierl (PDS) mit der ersten öffentlichen Begehung das neue Rosa-Luxemburg-Denkmal in Mitte feiern konnte. An vierzig Stellen in der Umgebung der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz sind nun Sätze der Sozialistin zu lesen, die für Frieden und Frauenwahlrecht ebenso stritt wie gegen den Pragmatismus der Sozialdemokratie. 1919 ist die Ikone des deutschen Sozialismus im Tiergarten ermordet worden, woran ein Denkmal in der Nähe des mutmaßlichen Tatortes erinnert.

Die „Denkzeichen“, die der in New York lebende Künstler Hans Haacke entworfen hat, sind vom klassischen Denk- oder Mahnmal weit entfernt. Dem wie üblich nachtschwarz gekleideten Kultursenator war es spürbar ein Vergnügen, ein bisschen über die Zurückhaltung von Haackes Entwurf zu sprechen. Die von dem Künstler ausgewählten Luxemburg-Sätze sind als Wortfolgen aus Bronze in Betonwannen und als solche in den Boden eingelassen. Wer über die runde Treppe die Volksbühne verlässt, liest den Satz: „Unser herrschender ,Marxismus‘ fürchtet leider den Gedankenflug, wie ein alter Gichtonkel“.

Solche Denkzeichen sollten den Platz nicht beherrschen, sagte Flierl. Sie schüfen nur die Möglichkeit, sich „fast buchstäblich“ durch die komplexe Gedankenwelt Rosa Luxemburgs zu bewegen, indem man die Umgebung der Volksbühne erkunde. Zuvor hatte Flierl an die brutal-bewegte Geschichte des Platzes erinnert, der ganz früher mal Bülow-Platz hieß. Epoche um Epoche kann man dort die Geschichte politischer Kämpfe im 20. Jahrhundert nachvollziehen. Das heute von der PDS genutzte Karl-Liebknecht-Haus beherbergte erst die KPD-Zentrale, später diente es als „Horst-Wessel-Haus“ den Nationalsozialisten. Zwischendurch erschoss auf diesem Platz ein Kommunist namens Erich Mielke zwei Polizisten.

Weil alle anderen Denkmäler, die in Berlin an Rosa Luxemburg erinnern, mit ihrer Biographie verbunden seien, eigne sich der öffentliche Raum vor der Volksbühne, um an ihre Gedanken zu erinnern, sagte Flierl. Gehen oder lesen, verdrängen oder erinnern – die Bronze-Sätze machten beides möglich. „So mag es sein“, schloss der Senator, der es drei Tage vor der Wahl fertigbrachte, ein ideologisch hoch umstrittenes Vorhaben der rot-roten Koalition mit den passenden Worten zu feiern. 260 000 Euro gibt die Kulturverwaltung, weitere 150 000 kommen von der Stadtentwicklungsverwaltung.

An den Groll der Opposition über diese Luxemburg-Ehrung erinnerte Flierl gestern selbst. Die FDP habe das Vorhaben abgelehnt und ein „Noske-Denkmal“ gefordert. Sein Publikum musste er nicht über den aus linker Sicht schlechten Ruf des Reichswehrministers aufklären. Doch die FDP grollt weiter. Am Reichstag erinnerte gestern Mittag Spitzenkandidat Martin Lindner mit einer Aktion an Ebert. Er hielt ein Schild hoch, das Ebert als „Mitbegründer der parlamentarischen Demokratie in Deutschland gegen alle Widerstände von Rechts und Links“ ehrt. Über die Eröffnung des neuen Luxemburg-Denkzeichen hieß es auf dem Schild, „Ebert würde sich im Grabe umdrehen, wüsste er, dass dies unter einem SPD-geführten Senat geschieht“.

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