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Hundeleben. Um das Miteinander von Mensch und Tier in Berlin besser zu organisieren, lässt der Senat das Hundegesetz evaluieren.

© Davids/Radke

Tiere in Berlin: "Bello Dialog": Herrschaft der Herrchen

Der "Bello-Dialog" des Berliner Senats geht an diesem Dienstag in die nächste Runde. Die absolute Mehrheit haben bei dem Projekt die Hundehalter.

Für den Senat ist die Gesprächsrunde zum Hundegesetz, „Bello-Dialog“ genannt, ein Musterbeispiel an Bürgerbeteiligung. Aus Sicht von Skeptikern ist es eine einseitige Veranstaltung mit vorhersehbaren Ergebnissen. An diesem Dienstag findet die zweite Sitzung statt, bei der sich die Sondierungsrunde aus 30 Berlinern trifft, um das Thema zu besprechen.

Das Projekt war von Justiz- und Verbraucherschutzsenator Thomas Heilmann (CDU) initiiert worden, um das Hundegesetz bis 2013 zu überarbeiten – auf „noch nie dagewesene kooperative, bürgernahe Art und Weise“, wie er verkündete. Dank moderierter Entscheidungsfindung mit Bürgerbeteiligung sollten möglichst viele Argumente und Sichtweisen zusammengetragen werden – „von Hundeliebhabern bis zu Leuten, die sagen, Hunde gehören nicht in die Stadt“.

Schaut man sich die Zusammensetzung der Sondierungsgruppe an, die Mitte Oktober zum ersten Mal tagte und heute in der Verbraucherschutzverwaltung zum zweiten Mal zusammenkommt, ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Rund zwei Drittel der Teilnehmer sind Hundehalter. Das hat Martin Goldbach ermittelt, nach eigenen Worten einer der wenigen in der Runde, die einen kritischen Blick auf die Tierhaltung in der Stadt haben.

„Die Überzahl der Hundehalter ist eklatant“, sagt der 39-jährige Familienvater, der unweit der Krummen Lanke wohnt. Weil er sich ärgerte, dass viele Hundehalter die dortigen Grenzen des Auslaufgebietes ignorieren, und weil seine zwei Kinder nach zahlreichen schlechten Erfahrungen mit Hunden Angst vor den Tieren haben, hat sich der Mann aus der Werbebranche bei einer öffentlichen Veranstaltung zum „Bello-Dialog“ kritisch geäußert – und wurde flugs von einem Senatsvertreter in die offizielle Sondierungsgruppe geholt.

Was er dort bislang erlebte, habe ihn jedoch enttäuscht. Das fange schon mit der Zusammensetzung der Runde an, die „für die Bevölkerung Berlins nicht repräsentativ“ ist, wie er sagt. Während stadtweit nur vier Prozent der Bürger und sieben Prozent der Haushalte Hunde hätten, seien die Hundehalter hier massiv in der Mehrheit – und das bei einer Veranstaltung, bei der es laut offiziellem Anspruch darum geht, der Verwaltung für die Reform des Hundegesetzes ein Bild zu vermitteln, „welche Interessen (stärker) zu berücksichtigen sind“.

Senator Heilmann weist die Kritik zurück. Die Sondierungsrunden dienten der Meinungssammlung und -bildung. Die Mehrheitsverhältnisse seien „nicht relevant, weil die Sondierungspartner am Ende nicht über einen Entwurf abstimmen“. Zudem werde die Zusammensetzung des „Bello-Dialogs“ nach jeder Runde „nachjustiert“.

Teilnehmer Goldbach kritisiert auch, dass unklar sei, wie die Teilnehmer ausgewählt wurden und auf welcher Basis sie mit ihren moderierten Gesprächsrunden zur Meinungsbildung beitragen. Zudem werde überwiegend auf Basis von Meinungen diskutiert. Fakten über Hundebisse, die Bisshäufigkeit bestimmter Rassen oder die Verteilung von Hundekot „wurden von Veranstalterseite nicht vorgelegt“.

Dem entgegnet Senator Heilmann, dass in der ersten Sitzung die Themen definiert worden seien, über die in der Stadt am meisten debattiert wird. An diesem Dienstag werde man neben gesammelten Internetkommentaren auch Fakten wie die Bissstatistik in die Diskussion geben.

Eine weitere Kritik: Die hinzugezogenen Experten in der Runde, die beruflich mit dem Thema zu tun haben, sind ebenfalls fast durchweg Hundehalter, wie Goldbach sagt. So seien alleine fünf Tierärzte beteiligt. „Wo ist der Mediziner, der berichtet, was eine Hundeattacke für die körperliche oder mentale Gesundheit eines Menschen bedeutet?“, fragt Goldbach. Angesichts der „Übermacht an Hundefreunden“ spricht er von einer „Pseudo-Bürgerbeteiligung“. Heilmann begründet die Zusammensetzung auch damit, dass einige Teilnehmer – „vor allem aus den Reihen der Nicht-Hundehalter“ – kurz vor der ersten Sitzung abgesagt hätten.

Daher habe man für die heutige zweite Runde neue Teilnehmer gesucht – darunter auch eine Mutter, deren Kind von einem Hund angefallen wurde. Außerdem sei das Ziel „Bello-Dialogs“, das Zusammenleben von Mensch und Hund in Berlin „konfliktfreier zu gestalten“. Das gehe nur, „wenn vor allem die Hundebesitzer die Regelungen mittragen und in Hundehalter-Kreisen verbreiten“.

Kritiker Goldbach dagegen sieht im „Bello-Dialog“ vor allem den Versuch der Senatsverwaltung, von eigenen Versäumnissen abzulenken: „Der Senat ist nicht bereit oder nicht in der Lage, bestehende Regelungen vom Leinenzwang bis zum Aufsammelgebot von Hundekot durchzusetzen.“ Gesetze zu vollziehen sei aber die erste Aufgabe der Exekutive. „Solange sie die nicht erfüllt, macht die Diskussion über neue Gesetze überhaupt keinen Sinn.“

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