zum Hauptinhalt

Tiergartentunnel: Giftige Erde über die Senkkästen gekippt

Ein Grundstück am Potsdamer Platz ist beim Bau des milliardenteuren Tiergartentunnels mit verseuchter Erde aufgefüllt worden.

Das Grundwasser sei nun durch Schwermetalle und Lösungsmittel gefährdet, sagte eine Justizsprecher am Mittwoch. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen drei Beschuldigte, die im Verdacht stehen, im vergangenen Jahr bis zu 95 000 Kubikmeter stark kontaminierte Erde auf die Tunnelröhren am Lennedreieck gekippt zu haben. Die Staatsanwaltschaft ließ gestern an 17 Orten Büros durchsuchen.

Für den Tunnel der Bahn hat die Entdeckung keine Konsequenzen, jedoch verzögern sich die Pläne der Investoren, die an Ebert- und Lennestraße Häuser bauen wollen. Der Schaden soll bis zu 90 Millionen Mark betragen. Ein Bahnsprecher nannte diese Summe zu hoch. Die giftige Erde soll nun wieder abgetragen und am einer Deponie umweltgerecht gelagert werden.

Nach Fertigstellung des Eisenbahntunnels nördlich des Bahnhofes Potsdamer Platz war Erde auf die Betondecken der Senkkästen geschüttet worden. Danach wurde das Grundstück an die Investoren übergeben, die dort Häuser bauen wollen. Den Auftrag für die Erdarbeiten hatte die im Auftrag der Bahn tätige Arbeitsgemeinschaft "Fernbahntunnel Los 4" wiederum an einen Subunternehmer gegeben. Dieser hatte die angeblich ordnungsgemäße Güte des Bodens nach Angaben von Bahnsprecher Michael Baufeld mit einem Gutachten nachgewiesen.

Durchsucht wurden gestern die Privat- und Geschäftsräume von drei beschuldigten Bauunternehmern. Auch bei Angestellten, die allerdings zunächst nicht tatverdächtig sind, wurde von den Strafverfolgern nach Beweismitteln gesucht.

Das Ermittlungsverfahren war von der Senatsbauverwaltung im vorigen Monat eingeleitet und mit ungewöhnlicher Schnelligkeit vorangetrieben worden. Nach Angaben von Daue hatte ein nicht genannter Investor die Aktion der Justiz ausgelöst. Er wollte einen Teil des von der Bahn eingebrachten Bodens für seinen Bau wieder ausheben und stieß bei einer Baugrunduntersuchung auf den kontaminierten Boden. Mit den Worten "mit dem Boden stimmt was nicht", wandte er sich Mitte Februar an die Bahn. Die Bahn wiederum informierte unverzüglich das Bezirksamt Mitte und dieses das Landeskriminalamt und den Senat. Die Bauverwaltung schaltete nach Angaben der Staatsanwaltschaft sofort die Strafverfolger ein.

Der Verdacht wird offenbar auch deshalb für gravierend gehalten, weil unter den beschuldigten Firmen ein Recycling-Unternehmen sei. Solche Firmen sind dafür zuständig, verunreinigte Stoffe ordnungsgemäß zu beseitigen. Festnahmen hat es nach Angaben der Justiz bisher nicht gegeben.

Umweltamtsleiterin Regine Grafe bestätigte, dass das Thema seit Februar im Bezirksamt bekannt sei. Damals habe ein Mitarbeiter Umweltstadträtin Dubrau aber "beruhigt", dass an den "Irritationen" nichts dran sei. Gestern sagte Grafe, dass das Grundwasser nicht gefährdet sei. Auch Bahnsprecher Baufeld erklärte, dass für das Grundwasser keine Gefahr bestehe.

Probleme mit wieder eingebrachter Erde seien "Alltagsgeschäft" wegen der vielen Tiefbaustellen, sagte Grafe weiter. Denn wenn eine Baugrube ausgehoben wird und später die Erde oder ein Teil von ihr wieder zur Verfüllung verwendet wird, müssen bestimmte Grenzwerte eingehalten werden. Berliner Boden ist häufig mit so genannten PAKs und MKWs verseucht. Das eine sind Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, das andere Mineralölkohlenwasserstoffe. PAKs sind giftig und krebserzeugend, MKWs sind vor allem für das Grundwasser gefährlich. Nach Angaben Grafes haben vor allem die Brände im Krieg die Bildung der Gifte im Boden verursacht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false