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Tierschutz: Den Luftkampf angesagt

Um Krankheitserregern vorzubeugen, sollen Tauben zukünftig von Einrichtungen wie Kindergärten oder Krankenhäusern ferngehalten werden. Tierschützer protestieren gegen die neue Verordnung.

Klaus Lüdcke ist kein Tierschützer jenes Schlages, die zu aufgeregtem Herumflattern neigen. Aber jetzt hat der Tierschutzbeauftragte des Landes Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) angedroht, sein Ehrenamt niederzulegen. Anlass der Aufregung ist der Entwurf einer Schädlingsbekämpfungsverordnung aus Lompschers Verwaltung, die sich auch den Tauben widmet. Damit befinden sich die Tauben quasi in thematischer Gesellschaft von Ungeziefer wie Ratten und Kakerlaken. Nicht, dass die Vögel ein Fall für den Kammerjäger werden sollen; von Tötung ist keine Rede. Aber Lompscher will sie von „hygienisch sensiblen Einrichtungen“ fernhalten, also von Kindergärten, Krankenhäusern und Pflegeheimen – damit sich Menschen mit schwachem Immunsystem nicht durch die Tauben mit Krankheitserregern infizieren.

Der pensionierte Tierarzt Lüdcke sieht in der Verordnung einen fatalen Freibrief für Taubenhasser, die schon jetzt illegal Tauben vergifteten. Er hält den Entwurf auch für wissenschaftlich unsinnig: „Es gibt keine Infektionen durch Tauben.“ Nach Lüdckes Auskunft basiert der Plan der Verwaltung auf einer Studie von höchst fragwürdiger wissenschaftlicher Qualität. Im Übrigen gebe es mit dem Bundesinfektionsschutzgesetz bereits eine geeignete Handhabe. Wer Tauben für gefährlich halte, müsste sich mindestens ebenso dringend den Sperlingen zuwenden, die ohne große Scheu in Eiswaffeln oder Kuchen auf draußen stehenden Cafétischen picken. Auch der Tierschutzverein bezeichnet den Entwurf als sachlich unsinnigen „Affront“.

Claudia Hämmerling, Tierschutzpolitikerin der Grünen, will das Problem des Taubendrecks über die Bauordnung lösen, indem potenzielle Sitz- und Brutgelegenheiten durch geneigte Bleche blockiert werden. Das unterstützt auch Lüdcke, der außerdem die bisher üblichen Netze und Dornen für Tierquälerei hält, weil Tauben darin qualvoll verendeten.

Die Verwaltung will die Tauben zwar weiter in ihrer Verordnung erwähnen, nach Auskunft einer Sprecherin „aber nicht als Schädlinge“ wie Ratten und Co.

Die Bestände wurden in Berlin nach Beobachtung von Tierschützern ohnehin schon dezimiert – durch die nunmehr stadtweit verbreiteten Habichte, die sich hauptsächlich von Tauben ernähren. Lüdcke schätzt, dass die Taubenpopulation binnen fünf Jahren von rund 30 000 auf knapp 10 000 zurückgegangen ist. Und die ließen sich durch Taubenschläge an geeignete Orte locken. In Spandau und Reinickendorf gebe es schon welche, insgesamt sei rund ein Dutzend geplant. Ein weiterer entstehe demnächst am Potsdamer Platz – optisch abgestimmt auf die dortigen Gebäude.

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