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Nach dem Unglück. Mitarbeiter der Bahn informieren an der Friedrichstraße die Fahrgäste über die Unterbrechungen. Foto: dpa

© dpa

Berlin: Tod im Tunnel

Die S-Bahn erfasst offenbar einen Obdachlosen. Ob der Mann einen Schlafplatz suchte, ist unklar.

Lange 16 Tage war der S-Bahn-Tunnel zwischen Anhalter Bahnhof und Nordbahnhof wegen Gleisbauarbeiten gesperrt. Am Montag gegen 4 Uhr fuhren die ersten Züge wieder – bis kurz vor 7 Uhr. Dann musste der Verkehr erneut unterbrochen werden, und zwar wegen eines schweren Unfalls. Ein offenbar Obdachloser, der im Tunnel unterwegs war, war von einer S-Bahn erfasst und getötet worden. Der Verkehr der Linien S 1, S 2 und S 25 war bis 9.30 Uhr zwischen Potsdamer Platz und Nordbahnhof unterbrochen. Tausende mussten sich erneut andere Wege suchen. 93 Fahrgäste aus dem Zug hatten den Tunnel über einen Notausstieg verlassen müssen.

Bei dem Wohnungslosen wurden zwei Tüten mit Broschüren in kyrillischer Schrift gefunden, weshalb die Polizei nicht ausschließt, dass der Mann aus Osteuropa stammt. Ein Ausweis wurde nicht gefunden. Ob er sich im Tunnel einen Schlafplatz suchte oder sich aus einem anderen Grund dort aufhielt, ist bisher nicht bekannt.

Bei einem Kontrollgang vor der Aufnahme des Betriebs sei nichts festgestellt worden, sagte ein Bahnsprecher. Äußerst unwahrscheinlich ist, dass sich der Mann dort bereits in der Bauzeit aufgehalten hat, heißt es bei der Bahn. Die S-Bahn, die ihn erfasst hatte, kam von hinten und muss zu hören gewesen sein.

Dass Obdachlose in Tunneln übernachten, sei eine Ausnahme, heißt es bei der S-Bahn und der BVG übereinstimmend. Möglichkeiten gibt es durchaus; vor allem im Tunnel der S-Bahn gibt es unverschlossene Räume oder ungenutzte Betonbauten zwischen den Gleisen, die die Größe eines Großraumbüros haben. Zudem ist es relativ warm. Aber auch laut. Und die Wahrscheinlichkeit, bemerkt zu werden, ist groß. Die BVG hat in ihren Anlagen Infrarotsysteme installiert, die vor allem Sprayer melden sollen. Dies habe sich auch unter Wohnungslosen herumgesprochen, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Das Unternehmen lässt auch in diesem Jahr drei U-Bahnhöfe in der Betriebspause geöffnet, damit Obdachlose dort übernachten oder sich aufwärmen können, sagte Reetz. Das Angebot, das es auch in den vergangenen Jahren gab, werde aber kaum genutzt. Verhindern lässt es sich nicht, dass die Tunnel unbefugt betreten werden; an den Eingängen oder vom Bahnsteig aus. Vor kurzem musste am Hauptbahnhof der Verkehr unterbrochen werden, weil ein 79-Jähriger aufs Gleis gestiegen war, um im Tunnel zu pinkeln. Ihm war nach eigenen Angaben der Weg zur Toilette zu weit.

Die Fahrgäste im Zug mussten am Montag etwa eine halbe Stunde ausharren, ehe sie aussteigen durften. Nach Angaben eines Bahnsprechers musste zunächst der Strom in der Stromschiene neben den Gleisen abgeschaltet werden. Informationen erhielten die Insassen von einem Triebfahrzeugfahrer, der im Bahnhof Friedrichstraße auf seinen Einsatz gewartet hatte und nach dem Unfall zu dem Zug gelaufen war. Dessen Lokführer hatte nach Angaben des Sprechers einen Schock erlitten. Beim Ausstieg über den Notausgang bugsierten Bahnmitarbeiter auch ein Fahrrad über die Stufen nach oben.

Etliche Fahrgäste wichen auf Taxis aus oder gingen am Ende zu Fuß zur Arbeit. Denn auch auf der Leipziger Straße in Mitte kam’s zum Stau. Laut Polizei waren seit dem Morgen zwei von drei Spuren gesperrt. Dies hatte mit den Aufbau-Arbeiten für die Premiere des Hobbit-Films am Montagabend im Sony Center zu tun (siehe Seite 9). kt/tabu/juf

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