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Berlin: Töchter im Auto verbrannt: Vater gesteht

40-jähriger Däne schildert die Tat vor Gericht Gutachter bescheinigt ihm narzisstische Störung.

Potsdam - Ein halbes Jahr ist es her, dass Line Sofie (9) und Marlene Marie (10) in dem Feuer starben, das ihr Vater gelegt hatte. Am Donnerstag äußerte sich Peter- Thue R. (40) vor dem Landgericht Potsdam erstmals ausführlich und gestand die Tat. Das Gericht muss bis Mai entscheiden, ob es ein erweiterter Suizid war, der schiefging, wie es der Angeklagte darstellt. Oder ob R. die Kinder umbringen wollte, weil seine Ex-Frau das Sorgerecht bekam und er ihr die Kinder nicht gönnte.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm zweifachen Mord vor. Wie Staatsanwalt Peter Petersen sagte, soll R. die beiden Mädchen im August 2011 in einem Wald bei Börnicke am Autobahndreieck Havelland erst mit einem Schlafmittel betäubt, dann im Wagen Benzin vergossen und angezündet haben. Die Mädchen saßen angeschnallt auf der Rückbank und starben an den Folgen einer Rauchgasvergiftung und Verbrennungen vierten Grades.

Über mehrere Stunden schildert R. kühl und emotionslos, wie es dazu kam, verstrickt sich dabei in Widersprüche, eine Dolmetscherin übersetzt. Seine Ex-Frau habe ihm die Kinder wegnehmen wollen, Absprachen gebrochen und ihn erniedrigt. Sein Bauernhof stand vor der Pfändung, er habe seinen Job verloren und für einen neuen umziehen müssen. Obendrein habe das Jugendamt entschieden, dass die Kinder nicht mehr bei ihm, sondern der Exfrau leben sollten. Mit den Kindern habe er dann Mitte August 2011 einen „fantastisch guten Tag“ im Snow-Dome bei Hamburg verbracht, am Abend sei er Richtung Berlin gefahren – obwohl er die Kinder am nächsten Mittag bei der Mutter hätte abgeben müssen.

An Selbstmord habe er schon länger gedacht, den Kindern aber ersparen wollen, ohne ihn aufzuwachsen. „Dann kam mir die Idee: Wir könnten ja alle sterben“, sagt R. Er habe zwei Benzinkanister auf dem Beifahrersitz und dem Boden des Autos entleert und es angezündet. „Ich habe gedacht, es macht bumm und es ist vorbei.“ Dann aber sei er aus Instinkt herausgesprungen, habe versucht, die Kinder zu retten und sich umzubringen. Richter Frank Tiemann lässt Zweifel durchblicken, fragt nach den Gründen. „Ich kann nicht ohne meine Töchter leben und die Kinder nicht ohne mich“, sagt R. Es sind brutale Fragen: Wäre Selbstmord für die Kinder angesichts der desolaten Lage nicht besser gewesen? „Aus heutiger Sicht schon.“ Warum übergoss er sich nicht selbst mit Benzin? „Das hätte ich tun sollen, hatte aber Angst, der Gedanke hat mir nicht gefallen.“

Staatsanwalt Petersen und Matthias Schöneburg, der die Mutter der Mädchen als Nebenkläger vertritt, gehen von einer geplanten Tat aus. Petersen sagt: „Er hat eine Feuerwehrausbildung.“ Weil R. der Polizei zuerst von einem Unfall und den Schreien der Kinder berichtet hatte, sagt Schöneburg: „Ich glaube, dass die Kinder nicht geschlafen haben, sondern laut geschrien haben. Sie mussten den Feuertod bewusst miterleben“. R. stelle sich als „getriebenes Opfer“ dar. Tatsächlich schildert der Däne sein Leben als gescheiterte Existenz: Streit mit den Eltern, Selbstmordgedanken, abgebrochene Ausbildungen, diverse Jobs als Gärtner, Glöckner, Totengräber, Biobauer, am Ende Pädagoge. Oft verlor er den Ehrgeiz, wenn es Probleme gab. Ein Psychologe sagte ihm, er solle sich zusammenreißen. Das Gutachten der Gerichtspsychologin bescheinigt ihm eine narzisstische Störung. Die Ex-Frau hatte den Behörden in Dänemark gesagt, dass er ihr gedroht hätte. Und: „Er will nicht verstehen, dass es nicht um ihn geht, sondern nur um meine Mädchen.“

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