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Torben P.: U-Bahn-Schläger kann wieder zum Unterricht

Nachdem sein Verteidiger gegen das Urteil Revision eingelegt hat, geht Torben P. weiter zur Schule - vorerst. Das katholische Liebfrauen-Gymnasium nimmt ihn auf. Eltern der Schüler fürchten nun einen Medienrummel.

Seine alte Schule hatte ihn suspendiert und vermutlich muss er bald eine Haftstrafe antreten, trotzdem bekommt Torben P. jetzt eine neue Chance: Der Dienstag war für den 18-Jährigen, der als U-Bahn-Schläger bekannt wurde, sein erster Schultag am katholischen Liebfrauen-Gymnasium in Westend. Sorge macht den Eltern und Lehrern weniger der neue Mitschüler als vielmehr der erwartete Medienansturm.

„Es war ein langer Weg“, sagte der Dezernatsleiter des erzbischöflichen Ordinariats, Hans-Peter Richter, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Schon im Juni sei die Kirche gefragt worden, später habe man intensive Gespräche mit Torben P., seiner Familie und seinem Anwalt geführt. Auch im Kollegium und mit den Elternvertretern sei das Thema „kontrovers“ diskutiert worden. Am Ende sei klar gewesen: „Ja, wir trauen uns das zu.“ Man wolle sich aber keineswegs in die Rechtsprechung einmischen, betonte Richter. Es gehe lediglich darum, den Erziehungsauftrag der katholischen Schulen zu erfüllen. Torben P. geht in die elfte Klasse des Gymnasiums und soll dort sein Abitur machen, sofern er nicht vorher in Haft kommt. „Am Gefängnis hören unsere Möglichkeiten auf“, sagte Richter. Torben P. wurde zu zwei Jahren und zehn Monaten Jugendstrafe verurteilt, weil er im April im U-Bahnhof Friedrichstraße einen Mann mehrfach brutal gegen den Kopf getreten hatte. Sein Verteidiger hat gegen das Urteil Revision eingelegt.

Bei der Verurteilung hatte der Richter Torben P. aufgefordert, trotz der möglichen Haft weiter zur Schule zu gehen – doch keine Schule wollte ihn haben. Manche wollten ihn nur unter der Bedingung aufnehmen, dass er seinen Namen ändert. „Das ist doch alles Quark“, sagte Dezernatsleiter Richter. Der 18-Jährige müsse mit dem leben, was er getan habe, und zu seiner Schuld stehen. Die Liebfrauen-Schule wurde ausgesucht, da es dort speziell ausgebildete Schulpsychologen gibt. Schulseelsorger Lutz Nehk will sich persönlich um den neuen Schüler kümmern. Dass Familie P. protestantisch ist, sei kein Problem. Knapp 15 Prozent der 750 Liebfrauen-Schüler sind Protestanten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die Schulrätin die Aufnahme von Torben P. begründet.

„Ich habe mich gefragt, wie es wäre, wenn mein Kind so etwas getan hätte“, begründete die zuständige Schulrätin Terezija Lauff ihre Entscheidung. Sie halte es für sehr unwahrscheinlich, dass es einen neuen Gewaltausbruch geben könnte. Zuletzt habe sie am Sonntag mit Torben P. telefoniert. „Er setzt sehr viel Hoffnung auf den Schulbesuch, hat aber auch Angst vor der neuen Situation.“ Die große Mehrheit der Eltern, Schüler und Lehrer habe der Aufnahme zugestimmt. Nur ein Kollege habe sich geweigert, Torben P. zu unterrichten.

Auch das Opfer spielt für die Schule eine wichtige Rolle. Hans-Peter Richter hat dem jungen Mann, der bei dem Angriff schwer verletzt wurde, einen Brief geschrieben, um den Schritt des Ordinariats zu begründen. „Wir haben klargemacht, dass wir an der Schwere der Tat nicht rütteln.“ Zudem hat das Gymnasium einen Vorschlag der Schülerschaft aufgenommen: Mit einer Kollekte soll als symbolische Geste Geld für eine Einrichtung zur Unterstützung von Gewaltopfern gesammelt werden. Die Auseinandersetzung mit der brutalen Tat wird auch den Unterricht beeinflussen. „Es wird derzeit eine Unterrichtseinheit zum Thema ‚Schuld und Vergebung’ erarbeitet“, sagte Richter. Angst haben die Eltern wohl vor allem davor, dass die Schule jetzt von Journalisten belagert wird. Richter beendete die Pressekonferenz deshalb mit einem ungewöhnlichen Appell: „Bitte machen sie keine Interviews mit unseren Schülern.“

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