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Berlin: Tortenschlacht: Einstein Kaffee

So sieht sie also aus, die neue Café-Kultur. Selbstbedienung in schlauchartigen Ladenlokalen, cremefarbene Wände und dunkles Holz für die Einrichtung.

So sieht sie also aus, die neue Café-Kultur. Selbstbedienung in schlauchartigen Ladenlokalen, cremefarbene Wände und dunkles Holz für die Einrichtung. Dazu passende Barhocker und auf dem Gehsteig chromblitzende Straßenmöbel. Handyklingeln gehört zur Geräuschkulisse. Die Kaffeebars, die derzeit aus dem Boden schießen, besetzen die gastronomische Lücke, die die Möhrings und Kranzlers hinterlassen haben, weil diese Cafés nicht mehr die horrenden Mieten aufbringen konnten, die Ladenketten locker bezahlen.

Einstein Kaffee ist eine Kette und besitzt als Ableger der beiden traditionellen Cafés in der Kurfürstenstraße und Unter den Linden einen klangvollen Namen. Filialen gibt es in Mitte und am Savignyplatz, an der Tauentzienstraße wie am Kurfürstendamm. Zur besten Kaffeezeit ist der Laden erwartungsgemäß gut besucht. Hinter dem Tresen rackert aber nur eine Servicekraft.

Während die nörgelnden Damen in der Wartereihe vor uns ihren Kaffee ohne Untertassen trinken müssen, weil diese noch nicht gespült sind, ist unsere Bestellung für den sehr bemühten, aber auch sehr allein gelassenen Barmann eine kleine Herausforderung. "Den Eistee", sagt er und greift nach der Kanne im Kühlschrank, "kann ich Ihnen nicht empfehlen, der ist von gestern." Er riecht daran und gießt den Rest weg. Nungut. Dann eben einen Cappuccino und einen Café Latte. Dazu wählen wir das, was im übersichtlichen Angebot an Häppchen noch zu haben ist. Meine Begleitung greift zum Mini-Baguette mit Schinken und Ei (5,20 Mark) und ich entscheide mich für das Erdbeer-Tartelette (5,50 Mark). Das Baguette ist zwar kühlschrank-kalt, meine Begleiterin ist aber dennoch zufrieden. Und der Kuchen mit lockerem, aber trotzdem festem Mürbeteig überzeugt mich mit seiner dünnen, sehr leckeren Vanillepudding-Schicht unter den fruchtig-reifen Erdbeeren.

Es hat uns gut geschmeckt, und unsere Pause hätten wir beinahe genossen, weil der Blick durchs Fenster auf den Kurfürstendamm kurzweilig ist. Das einzige, was uns hinderte, länger zu bleiben, war unser Mitgefühl mit dem Barmann. Wenn sich jemand abhetzt, Schweiß auf der Stirn hat, und über Stühle hechtet, um das Geschirr einzusammeln, kann ich nicht entspannen. Großstädtische Hektik gehört vielleicht ein Stück weit zur Kaffeebar dazu. Aber eine Tresenkraft mehr würde der Atmosphäre und dem Service gut tun. Und auch dem Umsatz: Kunden, die unversorgt auf dem Absatz kehrt machen, würden wahrscheinlich bleiben.

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