zum Hauptinhalt

Berlin: Tote im Westhafen: Milde Strafe für Täter

Alan A. erwürgte 18-Jährige, um Seitensprung zu vertuschen. Richter halten ihn aber nicht für einenMörder

Das Anbändeln in der Disko, Drogen, dann der Seitensprung, den er vor seiner Freundin vertuschen wollte: Alan A. hatte die 18-jährige Stefanie W. am Westhafen gewürgt, gefesselt und ins Wasser geworfen. Doch ein Mord war ihm nach Auffassung des Landgerichts nicht nachzuweisen. Am Mittwoch wurde der 21-jährige A. wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Weil er die Tat unter Einfluss von Partydrogen beging, wurde er als vermindert schuldfähig angesehen.

„Der Angeklagte wollte sicher ausschließen, dass Stefanie seiner Freundin vom Sex erzählt, und entschloss sich zu töten“, sagte der Vorsitzende Richter. Insgesamt aber seien wichtige Fragen offen geblieben. Man habe nicht klären können, ob es vor dem Angriff Streit gab und die Atmosphäre bereits aggressiv war, ob Alan A. sein Opfer nach gemeinsamem Sex zum Westhafen gelockt habe, ob Stefanie W. erwürgt wurde oder ertrank.

Alan und Stefanie waren sich am 3. Juli letzten Jahres in der Diskothek „Linientreu“ in Tiergarten begegnet. Beide wollten sich amüsieren, beide nahmen „Ecstasy“ und „Speed“. Später erwähnte sie, dass sie eine Handykarte brauche. Alan A. meinte, er habe eine zu Hause. In seiner Moabiter Wohnung kam es zu Sex – freiwillig, das glaubten die Richter. Doch als sie sich wieder auf den Weg machten, hatte Alan A. Draht und ein Messer dabei. Es sei ungeklärt, warum beide zum Westhafen gingen, hieß es im Urteil. Spätestens am Ufer aber sei Alan A. durch den Kopf gegangen, dass er sich zum zweiten Mal einen Seitensprung erlaubt hatte, dass seine damals 16-jährige Freundin davon nichts erfahren dürfe. Er rauchte noch eine Zigarette, griff Stefanie dann von hinten an. Nach dem Würgen mit einem Tuch oder ihrem T-Shirt fiel Stefanie ohnmächtig zu Boden. Die Richter gingen davon aus, dass Alan A. sein Opfer für tot hielt. Er habe Stefanie W. gefesselt, mit einem Stein beschwert und ins Wasser gestoßen. Die Leiche der jungen Frau aus Pankow wurde drei Tage später aus dem Westhafenkanal gefischt.

Alan A. ist ein schlanker, freundlich wirkender Mann mit Nickelbrille und kurzen Haaren. Als die Richter ihr Urteil verkündeten, legte er die Stirn in Falten, erschüttert aber war er nicht. Er hatte die Tötung gestanden. Zunächst bei der Polizei, später in einem Brief gegenüber dem Gericht. Die Staatsanwaltschaft hatte auf 15 Jahre Haft wegen Mordes plädiert. Fassungslos hörte die Mutter der Getöteten die Entscheidung. Warum das Gericht A. nicht als Mörder bestrafte, konnte sie nicht verstehen. Die Richter aber wiesen auf die Rätsel in dem Fall. A. hatte erklärt, dass er sich wegen der Drogen nicht mehr an das genaue Tatgeschehen erinnern könne.

Für die Justiz ist A. kein Unbekannter. Der Deutsch-Pole saß bereits wegen sexueller Nötigung und räuberischen Diebstahls fast vier Jahre in Haft. Bereits im frühen Jugendalter habe sich ein aggressives Verhältnis zu Frauen entwickelt.

Kerstin Gehrke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false