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Besucher des Krematoriums Baumschulenweg spiegeln sich in der Kondolenzhalle in einem Wasserbecken.

© Pedersen / dpa

Totensonntag: Zu Besuch im Krematorium

Wie jedes Jahr lud das Krematorium Baumschulenweg am Sonntag zu einem Tag der offenen Tür.

Ein Herr, der als ehrenamtlicher Seniorenbetreuer arbeitet, ist gekommen, um zu schauen, was für „meine Damen“, wie er sagt, mal in Frage kommen könnte. Eine Einäscherung jedenfalls nicht, beschließt er nach dem Rundgang durch die Technik. Viel zu automatisiert.

Er ist einer von mehreren hundert Besuchern, die der alljährlichen Einladung zum Tag der offenen Tür ins Krematorium am Baumschulenweg in Treptow gefolgt sind und dort zwischen Vorträgen und Führungen wählen können.

Eine Architekturstudentin ist wegen des Vortrags von Charlotte Frank von „Schultes Frank Architekten“ da, dem Starbüro, das den Sichtbetonbau 1999 entworfen hat. Ihr gefällt die Sakralität des hohen Säulensaals. Eine kleine alte Dame, die abseits von den Architekturinteressierten steht, hat ihren Mann im Eröffnungsjahr einäschern lassen. Er war einer der Ersten, die hier verbrannt wurden. Sie hat das Haus schon drei Mal besichtigt und findet es beruhigend, dass Verwechslungen ausgeschlossen zu sein scheinen. Ein Krematoriumsmitarbeiter weiß, dass eine weitere häufige Sorge der möglichen späteren Kundschaft darin besteht, dass man nicht richtig tot sein könnte, bevor es in den Ofen geht.

Dass der Grabstein auf dem Friedhof des Krematoriums plötzlich weg war, erzählt eine Frau, die vor 18 Jahren ihren Mann beerdigt hat. Ein teures Ding. Mit Granit. Vermutlich eine Verwechslung. Weil ein paar Reihen hinter ihrem ein Grab mit demselben Namen ist, dessen Stein weg sollte. Aber Entschädigung? Kein Cent! Und ein junges Paar, das sein Kind herumträgt, hat von Freunden von diesem Tag der offenen Tür „der etwas anderen Art“ gehört. Und weil sie sonntags immer etwas unternehmen, sind sie nun hier. Einfach so.

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