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Zur Glut nur mit Hut. Torsten Theel sieht sich eher als Künstler denn als bloßer Handwerker. Zu seinen Entwürfen inspiriert ihn oft die Natur.

©  Thilo Rückeis

Tradition und Handwerk: Das ist der Hammer

Thorsten Theel hält in der Hofschmiede der Domäne Dahlem die Tradition seines uralten Handwerks aufrecht.

„Gehen Sie schon mal rein“, bittet Torsten Theel. Ein „Sie werden staunen“ klingt darin mit, auch wenn er es nicht ausspricht. Er kennt die Reaktionen seiner Besucher, weiß um den Zauber seiner Werkstatt: der Hofschmiede auf dem Gelände der Domäne Dahlem. Klack – das grüne Holztor öffnet sich. Dahinter: eine wie aus der Zeit gefallene Welt. Nur wenig Tageslicht schafft es durch die milchigen Fenster zu der im Hintergrund liegenden Schmiede. Es ist dunstig, sehr warm und es riecht nach verbrannter Kohle. In der Mitte stehen zwei Ambosse bereit, mit Hämmern und Zangen. Daneben das Herzstück der Schmiede – die Esse.

Das Feuer brennt hier den ganzen Tag, erläutert Theel. Im Moment schwelt es. Mit einem Handgriff steuert der Schmied die Luftzufuhr. Innerhalb von Sekunden lodern die Flammen. 1300 Grad sind nötig, damit das Metall so weich wird, dass es geschmiedet werden kann. „Dafür brauche ich Steinkohle“, erzählt er sorgenvoll. Wenn eines Tages Steinkohle verboten würde, hätte er ein Problem, bräuchte eine Ausnahmegenehmigung.

Torsten Theel und sein Team der Hofschmiede Dahlem arbeiten mit historischen Techniken. Sie wollen ihr Wissen um das alte Handwerk an die nächste Generation weitergeben. Theel ärgert sich, wenn Kollegen kaputte Schmiedewerkzeuge wegwerfen. „Wir packen die ins Feuer, schmieden sie aus und härten sie wieder." Er kaufe doch keinen neuen Meißel, er sei schließlich Schmied.

Das Herstellen von Werkzeugen gehörte einst zu den wesentlichen Arbeiten dieses Berufes. Außerdem stellte ein Schmied früher etwa Radringe für Pferdegespanne, Zäune, Hufeisen oder Beschläge her. Teilweise ist das heute noch so. So stammen sämtliche Türbeschläge und -griffe auf der Domäne Dahlem aus der Hofschmiede. Eine der historischen Techniken, von denen er spricht, ist zum Beispiel das Feuerschweißen. Dabei werden zwei Stahlteile stark erhitzt und anschließend durch Hammerschläge miteinander verbunden.

Hämmer spielen eine bedeutende Rolle in diesem Handwerk. Es gibt hunderte verschiedene Formen, Größen und Arten. Allein circa 150 Hämmer hat Torsten Theel in seiner Werkstatt. Sein Lieblingsstück ist ein Zwei-Kilo-Hammer aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, den er von einem befreundeten, alten Schmied geerbt hat. Der Erzählung nach sei der Hammer aus einer Schiene der königlich-preußischen Eisenbahn geschmiedet worden. „Der Hammer und ich, wir verstehen uns“, sagt er.

Ganz einfach ist es offenbar nicht, mit solch einem alten Handwerk finanziell um die Runden zu kommen. „Viele stellen es sich romantisch vor, dass wir hier arbeiten wie vor 100 Jahren, aber am Ende sitzt auch uns die Effizienz im Nacken“, beschreibt es der 58-Jährige. Deswegen bilde das klassische Schmieden auch nur einen Teil seiner Arbeit.

Torsten Theel, in Leipzig geboren, im ehemaligen Ost-Berlin aufgewachsen, hatte ursprünglich Bauschlosser mit der Zusatzausbildung Metallgestaltung gelernt. Sein Lehrmeister war Achim Kühn, ein bekannter Metallbildhauer und Kunstschmied. Ende der 70er Jahre machte er noch seinen Meister und arbeitete im Kollegium Bildender Künstler mit Rüdiger Roehl und Jan Skuin.

Seine Werkstatt auf dem Gelände der Domäne Dahlem gründete Torsten Theel 1990. Hier hat er zwei Mitarbeiter, davon einen Auszubildenden. Inzwischen gibt es eine zweite Werkstatt auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf. Er selbst sieht sich weniger als Handwerker denn als Künstler. Seine Berufung sei vor allem die Schmiedekunst und Metallgestaltung, sagt er. Beispielsweise entwirft er Tischgestelle, Gitter an Fenstern, individuelle Zäune oder Handläufe von Geländern. Oft inspiriert ihn dabei die Natur.

Aus einem Material wie Stahl etwas weiches, lebendig Wirkendes zu schaffen, das treibt ihn an. Derzeit arbeitet er an einem Fenstergitter im floralen Ast-Design, bei dem die Oberfläche eine borkige Textur bekommen soll. Das Werkstück ist für eine Landhaus-Villa in Zürich gedacht. Auch Skulpturen und Plastiken entstehen in seiner Werkstatt. Im Herrenhaus der Domäne wird es ab dem 29. Juli eine Ausstellung mit Metall-Skulpturen geben: Torsten Theel und einige Weggefährten zeigen ihre Werkstücke.

Bei all dem, was er in seiner Hofschmiede entwirft und handwerklich umsetzt, bleibt aber entscheidend, ob es sich mit einer historischen Technik vereinbaren lässt. Nur selten, wenn es wirtschaftlich nicht anders geht, kombiniert er seine Arbeit mit neuzeitlichen Methoden. Denn er sagt: das Verhalten und die Eigenschaften eines Materials kann man nur begreifen, wenn man es manuell, also mit eigener Kraft bearbeitet. Dabei entwickle sich so eine Art persönliche Beziehung zu dem Werkstück. Etwas, worauf man stolz sein kann. Anett Kirchner

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