zum Hauptinhalt
Foto: AFP

© AFP

Howoge: Transparency rügt Sarrazin

Thilo Sarrazin sagt, er wusste seit Jahren von der Praxis, die nun zur Affäre wurde. Transparency International hält die Billigung der Howoge-Auftragsvergabe durch Sarrazin für rechtswidrig. Senatorin Junge-Reyer findet die Aussagen ihres Ex-Kollegen "unverständlich".

Für die Antikorruptionsvereinigung Transparency International ist der Fall klar: Wenn der ehemalige Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) sich tatsächlich, wie er es selbst behauptet, während seiner Amtszeit im Gespräch mit Managern der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge dafür ausgesprochen hat, Bau- und Planungsaufträge ohne die eigentlich erforderliche förmliche Ausschreibung zu vergeben, „dann hat er rechtswidrig gehandelt und gegen seinen Amtseid verstoßen“. Das sagte Jochen Bäumel, Vorstandsmitglied von Transparency International, dem Tagesspiegel am Donnerstag. Sarrazins Darstellung, er habe sich vor vier Jahren „zum Wohle der Gesellschaft“ für eine Auftragsvergabe ohne Ausschreibung stark gemacht, sei „fragwürdig und selbstherrlich“.

Der frühere Berliner Finanzsenator und Ex-Bundesbank-Vorstand Sarrazin hat, wie berichtet, nach eigenen Angaben bereits seit Jahren von der Anfang dieses Jahres bekannt gewordenen rechtswidrigen Vergabepraxis von Planungsaufträgen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge gewusst, wegen der zwei Howoge-Manager im Sommer gefeuert worden waren. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) wehrt sich gegen die Vermutung, auch sie hätte bereits 2006 Kenntnis von den Vorgängen gehabt. Ihr Sprecher Matthias Gille wies Sarrazins Darstellung als wenig glaubwürdig zurück. Junge-Reyer finde Sarrazins Aussagen „unverständlich“. In ihrer Gegenwart wurde über die „Überschreitung der Wertgrenzen bei der Vergabe nicht gesprochen“. Wäre dies der Fall gewesen, „hätte ich dies sofort untersagt“.

Wer die Wahrheit sagt, hängt unter anderem davon ab, wie man ein Schreiben der Howoge-Manager interpretiert, auf das sich beide Seiten berufen. Der Brief vom Juni 2006 lag zur Vorbereitung eines Gesprächs mit Sarrazin und Junge-Reyer beiden Senatsverwaltungen vor. Darin heißt es zum Prozedere bei Sanierungsmaßnahmen der Howoge, dass ein erfahrenes Planungsbüro „ausgewählt“ und beauftragt wird. Strittig ist bislang, ob damit eine – rechtswidrige – Direktvergabe ohne Ausschreibung gemeint ist, wie es Sarrazins Brief nahelegt, oder ob die Formulierung „ausgewählt“ sich auf ein ordentliches Vergabeverfahren bezieht, bei dem unter mehreren Anbietern einer ausgewählt wird, wie es die Senatsverwaltung für Finanzen interpretiert.

Die Opposition fordert Junge-Reyer und Sarrazin auf, diesen Widerspruch kommende Woche im Beteiligungsausschuss des Abgeordnetenhauses zu klären. Als „letztes Zwangsmittel“ wird dabei auch erwogen, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen, sagte der CDU-Haushaltspolitiker Uwe Goetze dem Tagesspiegel.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false