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Klare Grenzen gefordert: Zwei Privatflüge und und eine Finca-Einladung für Klaus Wowereit haben die die aktuelle Debatte ausgelöst.

© dapd

Transparenz-Debatte: Berliner Opposition fordert Ehrenkodex für Senatoren

Linke und Grüne sind nach Diskussion um Wowereit-Privatflüge für strenge Regeln bei Geschenken. Als Vorbild gilt Niedersachsen. Der Senat sieht dafür aber keinen Bedarf.

Ausgerechnet Niedersachsen. Bei der Diskussion um neue Richtlinien für das Verhältnis von Politikern und Unternehmern sucht die Berliner Opposition nach Anregungen – und nennt ein Bundesland als Vorbild, dessen früherer CDU-Ministerpräsident Christian Wulff in seiner späteren Rolle als Bundespräsident Auslöser der seit Monaten bundesweit geführten Debatte war. Sowohl die Berliner Grünen als auch die Linkspartei verweisen auf das niedersächsische Ministergesetz als Beispiel für eine strengere Regelung, wie man sie sich auch für Berlin wünscht.

Die rechtspolitischen Sprecher beider Fraktionen, Dirk Behrendt und Klaus Lederer, machten allerdings am Montag deutlich, dass die Initiative erst am Anfang stehe. Landespolitischer Aufhänger ist die Diskussion um Einladungen von Unternehmern zu Privatflügen und einem Finca-Aufenthalt, die Klaus Wowereit zu Beginn seiner Amtszeit als Regierender Bürgermeister angenommen hatte.

An diesem Dienstag will die Grünen-Fraktion erstmals darüber beraten, wie man sich verbindliche Regelungen vorstellen kann. Vorbild sei dabei das niedersächsische Ministergesetz, das nach der sogenannten Glogowski-Affäre von 1999 verschärft worden war, sagt Rechtspolitiker Behrendt. Danach war es Unternehmen verboten, Kosten von Reisen und dienstlichen Tätigkeiten von Politikern zu übernehmen. Dies war unter der damaligen SPD-Landesregierung von Sigmar Gabriel geregelt worden.

Unter Christian Wulff, der von 2003 bis 2010 Ministerpräsident Niedersachsens war, war die Regelung allerdings wieder gelockert worden. Seitdem heißt es in Paragraf 5 des niedersächsischen Ministergesetzes: „Die Mitglieder der Landesregierung dürfen keine Belohnungen und Geschenke in Bezug auf ihr Amt annehmen.“ Allerdings steht dort jetzt auch: „Die Landesregierung kann Ausnahmen zulassen. Sie kann diese Befugnis auf die Staatskanzlei übertragen.“ Diese Einschränkung ist aus Sicht der Berliner Grünen weniger vorbildlich.

Die Linkspartei will sich erst mal die Zeit nehmen, Regelungen wie in Niedersachsen auf ihre Wirkung zu untersuchen und zu schauen, wie bei Senatoren Dienstliches und Privates genau abgegrenzt werden könne, sagt Rechtspolitiker Lederer. Gründlichkeit gehe hier vor Schnelligkeit.

Beim Senat und in der Regierungskoalition hält man der Opposition vor, das Thema politisch zu instrumentalisieren. „Ein Ehrenkodex ist nicht notwendig“, sagt CDU-Fraktionschef Florian Graf. Jeder Senator schwöre seinen Amtseid auf die Verfassung, zusätzliche Regelungen seien nicht nötig. Die Schwurformel lautet: „Ich schwöre, mein Amt gerecht und unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zu führen und meine ganze Kraft dem Wohle des Volkes zu widmen.“

Auch bei der SPD sieht man „den moralischen Kompass durch den Amtseid vorgegeben“, sagt Fraktionssprecherin Claudia Stäuble. Es sei die Aufgabe von Politikern, verantwortlich mit den Interessen umzugehen, die an sie herangetragen werden. Feste Regelungen gingen „an der Lebenswirklichkeit vorbei“. Ähnlich hatte sich zuvor auch schon der Regierungschef geäußert. Sein Sprecher Richard Meng bekräftigte am Montag Wowereits Skepsis gegenüber der Erwartung, man könne durch eine Regelung „alle Unklarheiten beseitigen“.

Aus Sicht von Linkspolitiker Lederer ist diese aktuelle Diskussion vielleicht schon ein erster Erfolg: „Wenn diese Debatte die Sensibilität für das Thema erhöht, wäre das schon eine Menge wert.“

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