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Berlin: Transplantationen: Neue Niere nur nach Deutschtest

Die Entscheidung des Herzzentrums Bad Oeynhausen, einer kranken Türkin wegen mangelnder Deutschkenntnisse die Aufnahme in die Warteliste für Transplantationen zu verweigern, hat in Berlin Verwunderung, aber auch Verständnis ausgelöst. Die Sprecherin des Berliner Herzzentrums, Barbara Nickolaus, sagte deutlich, man habe noch nie einen Patienten aus diesem Grund abgewiesen.

Die Entscheidung des Herzzentrums Bad Oeynhausen, einer kranken Türkin wegen mangelnder Deutschkenntnisse die Aufnahme in die Warteliste für Transplantationen zu verweigern, hat in Berlin Verwunderung, aber auch Verständnis ausgelöst. Die Sprecherin des Berliner Herzzentrums, Barbara Nickolaus, sagte deutlich, man habe noch nie einen Patienten aus diesem Grund abgewiesen. Im Haus gebe es allein 20 türkische Mitarbeiter, den immer zahlreicheren russischen Patienten könne gleichfalls in ihrer Muttersprache geholfen werden, und auch Verständigung auf Chinesisch und in mehreren arabischen und afrikanischen Sprachen sei im Haus alltäglich. Überdies liege in den Zimmern Informationsmaterial in allen bisher notwendig gewesenen Sprachen aus.

Der Hintergrund der Entscheidung von Oeynhausen liegt auf der Hand: Transplantations-Patienten müssen nach der Operation eine Reihe von Vorschriften beachten, sorgfältig heikle Medikamente einnehmen und Termine zur Untersuchung exakt einhalten. Die raren Spenderorgane werden deshalb vorrangig an jene Patienten vergeben, die nicht nur medizinisch, sondern von ihrer allgemeinen Lebenssituation geeignet erscheinen. Die Möglichkeit, sich mit den Ärzten zu verständigen, ist dafür ein wichtiges Indiz - doch dies sei bei den ausländischen Patienten des Herzzentrums nie ein Problem gewesen, heißt es. Generell gelte, dass Drogen- oder Alkoholabhängige wegen der schlechten Erfolgsaussichten nicht für eine Organtransplantation vorgemerkt werden. Eine Altersgrenze gebe es anders als beispielsweise in England nicht, allerdings würden die Prognosen mit zunehmendem Alter schlechter und könnten dann ebenfalls zum Ausschluss von der Warteliste führen. Beim Herzzentrum in Berlin warten nach Angaben der Sprecherin gegenwärtig 120 Patienten auf eine Herz- und/oder Lungentransplantation.

Ein leichteres Leben

Anders ist die Sachlage offenbar bei Nierentransplantationen, die in aller Regel nicht lebensrettend sind, sondern dem Patienten zu einem leichteren Leben ohne Dialysen verhelfen sollen. So berichtet der Weddinger Allgemeinmediziner Jürgen von Bargen, er betreue zwei schwer nierenkranke Türken im Alter um die 30 Jahre, denen das Kuratorium Heimdialyse die Aufnahme in die Warteliste für eine Nierenübertragung verweigere, und zwar mit Hinweis auf die runzureichenden Sprachkenntnisse, die den Erfolg der Operation gefährden könnten - und dies, obwohl in einem Fall sogar die Schwester des Nierenkranken als Spenderin geeignet sei und sich dafür auch angeboten habe. Beide Männer lebten nun von Sozialhilfe, weil ihnen die Dialyse eine geregelte Arbeit unmöglich mache.

Rüdiger Haake, Kuratoriumsmitglied und leitender Oberarzt im Reinickendorfer Humboldt-Krankenhaus, bestätigte prinzipiell die Möglichkeit einer solchen Entscheidung. Es sei zu bedenken, dass nach einer Transplantation lebenslang Medikamente eingenommen werden müssten, wobei kleine Fehler sofort lebensbedrohliche Komplikationen auslösen könnten. Die "Compliance", also die Bereitschaft und Fähigkeit des Patienten, sich genau an die Behandlungsrichtlinien zu halten, werde deshalb in solchen Fällen sehr streng bewertet; dabei spielten Sprachkenntnisse und familiäre Situation eine Rolle. Ein Sprachkurs könne die Prognose deutlich verbessern. Falls die Transplantation allerdings lebensrettend sei, wende man mildere Kriterien an.

Ablehnende Entscheidungen würden jetzt generell von einer Konferenz der beteiligten Ärzte getroffen, sagte Haake weiter. Es gebe dann einen schriftlichen Bescheid mit ausführlicher Begründung. Rechtsmittel dagegen gebe es zwar nicht, aber es stehe dem Patienten frei, sich an eine andere Klinik zu wenden. Der Weddinger Hausarzt sagte hingegen, er habe nie einen Bescheid gesehen. Seine Patienten seien sofort mit dem Hinweis nach Hause geschickt worden, sie sollten erst Deutsch lernen. "Aber das ist nun einmal nicht jedem gegeben", meint er.

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