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Berlin: Trauer vor den Kirchentrümmern

Nach dem Tod des Pfarrers und eines Gemeindemitglieds in Westend wird ein Gutachten erstellt. Heute Gedenkgottesdienst geplant

Sie kommen in kleinen Gruppen zum Gemeindehaus in der Heerstraße, schwarz gekleidet und mit Blumen und Totenlichtern in den Händen. Während vor der Tür Angehörige der Rumänisch-Orthodoxen Gemeinde um ihren Pfarrer und ein Mitglied trauern, suchen Experten Mittwochvormittag auf dem Dach der Kirche an der Heerstraße nach der Ursache des Unglücks. Bei Abrissarbeiten waren die beiden Männer von einstürzenden Mauerteilen erschlagen worden.

Warum die Wand eingestürzt ist, wird sich wohl nicht mehr genau klären lassen, vermutet der Leiter der Bauaufsicht von Charlottenburg-Wilmersdorf, Andreas Schmiegel. Gemeindemitglieder berichteten, die Männer hätten versucht, eine Giebelwand umzustoßen. Diese sei jedoch in die falsche Richtung gestürzt und habe den Pfarrer sowie einen der Helfer unter sich begraben. Fünf weitere Männer blieben unverletzt, standen aber unter Schock und wurden deshalb in Krankenhäuser gebracht.

Dass Gläubige bei Bauarbeiten an ihren Gotteshäusern selbst Hand anlegen, ist keine Seltenheit. Aus finanziellen Gründen versuchen viele Gemeinden, Kosten durch Eigenleistung einzusparen. Vor allem Neubauten von Moscheevereinen und Diaspora-Kirchen verzögern sich oft über Jahre, weil die Spenden nicht den Bedarf decken. Ob die aufwendigen Bauarbeiten immer von Fachleuten durchgeführt werden, könnten die Behörden wegen des herrschenden Personalmangels jedoch kaum überprüfen, sagt Schmiegel. Auch Pfarrer Constantin M. (49) von der rumänisch-orthodoxen Kirche wollte der mittellosen Gemeinde offenbar Unkosten ersparen, als er mit seinem Helfer den Abriss im Dachbereich begann. Die Aufträge für den eigentlichen Abbruch und den Neubau seien noch nicht vergeben gewesen. Für den lange geplanten Neubau mit einem 27 Meter hohem Turm sollte der östliche Gebäudeteil komplett weichen. Ferner war vorgesehen, den westlichen Teil aufzustocken, berichtete der die Gemeinde beratende Architekt Klaus Carminke. Der Abriss ist weder anzeige- noch genehmigungspflichtig, sagte Andreas Schmiegel. Er liege ausschließlich in der Verantwortung der ausführenden Personen, die selbst wissen müssten, ob sie dazu geeignet sind.

Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht von dem Unglück in der knapp 300 Mitglieder zählenden Gemeinde verbreitet. Der Pfarrer sei ein guter Mensch gewesen, heißt es. Bedürftige hätten bei ihm stets Essen und Trinken bekommen. Bei dem zweiten, 36 Jahre alten Opfer handelt es sich um ein Gemeindemitglied, das oft geholfen und den Garten gepflegt habe.

Gestern Abend wurde der Erzbischof und Metropolit Serafim Joanta in Berlin erwartet. Er wird voraussichtlich heute Vormittag in der Heerstraße 63 einen Gedenkgottesdienst abhalten. In Kondolenzschreiben haben die beiden großen Kirchen den Angehörigen ihr tiefes Mitgefühl ausgesprochen. Sie seien bestürzt über den Unfalltod, erklärten Bischof Wolfgang Huber und der Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky. Die Polizei hat inzwischen das Grundstück wieder freigegeben. Die Ermittlungen dauern an, ein Gutachten soll erstellt werden.

Ferda Ataman, Rainer W. During

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