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Berlin: Treffpunkt Tagesspiegel: Der Terror rückt die Finanznot Berlins in den Hintergrund

Sechs schwarze Stühle auf der Bühne des Berliner Ensembles. Der Zuschauerraum bis auf den letzten Platz besetzt.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Sechs schwarze Stühle auf der Bühne des Berliner Ensembles. Der Zuschauerraum bis auf den letzten Platz besetzt. Der "Treffpunkt Tagesspiegel" am Sonntag als Matinee: "Berlin will wählen!" Intendant Claus Peymann hielt einführend ein Plädoyer für die Kultur und die Künstler in Berlin, die so wichtig seien, "damit diese Stadt keine Banausenstadt wird". Eine Frau und fünf Männer saßen auf den Stühlen; ein helles Kostüm, vier dunkle Anzüge, Frank Steffel in blauem Feincord und ohne Krawatte.

Zum Thema Online Spezial: Berlin-Wahl 2001 WahlStreet.de: Die Wahlbörse bei Tagesspiegel Online Foto-Tour: Die Berliner Spitzenkandidaten Fünf Spitzenkandidaten, die wohl sämtlich ins Abgeordnetenhaus einziehen, aber nicht alle miteinander regieren werden. Fünf Konkurrenten und dennoch ein eingespieltes Team. Vielleicht lag es auch an der friedvollen Theateratmosphäre, oder war es der neue Ton, der seit dem Schock des 11. September in der Politik angeschlagen wird? Man hörte zu, fiel sich nicht gegenseitig ins Wort, das Publikum war aufmerksam und humorvoll. Moderator Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur des Tagesspiegel, stellte anfangs die Frage: "Mit welchen Ängsten gehen Sie in die nächsten Tage?"

Die Antwort der Kandidaten fiel einmütig aus. Von den USA wird nach den Terroranschlägen Besonnenheit und Augenmaß erwartet. Die Spirale der Gewalt dürfe nicht weitergedreht werden. Freiheit und Bürgerrechte dürften nicht eingeschränkt werden. Die Politiker wissen, dass sie auf die Ängste der Menschen reagieren müssen. Die Finanznot Berlins ist als Wahlkampfthema in den Hintergrund geraten, aber sie ist immer noch da, und deshalb die Frage: "Wie werden wir in einem Jahr leben, wird es uns schlechter gehen?"

Der SPD-Spitzenkandidat und Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit kündigte Einsparungen "bei den dicken Brocken" an, etwa beim Personal oder dem Management für öffentliche Gebäude. Da ließen sich Milliarden sparen, "ohne dass die Bürger etwas davon merken". Nach Meinung der Grünen-Spitzenkandidatin und Koalitionspartnerin Sibyll Klotz gehören auch die vielen Unternehmensbeteiligungen des Landes Berlin auf den Prüfstand. Aber trotz aller Konsolidierungsbemühungen werde es nicht ohne Hilfe des Bundes und der Länder gehen.

Der FDP-Spitzenkandidat Günter Rexrodt wies "auf das eigentliche Problem" der Stadt hin: "Dass wir nämlich nur die halbe Steuerkraft von Hamburg haben". Der Wirtschaftsstandort Berlin müsse attraktiver werden, vor allem für ausländische Unternehmer. Mit ihren langjährigen Kontakten in West- und Osteuropa müsse die Stadt ihre Chancen weltoffen nutzen, schlug PDS-Spitzenkandidat Gregor Gysi in die gleiche Kerbe. Alle fünf Politiker waren sich einig, dass Bildung und Kultur in Berlin trotz der Sparzwänge besonders gepflegt werden müssten. Vieles ließe sich machen, das nichts koste, so Steffel. Er plädierte für mehr grundständige Gymnasien, Abitur nach der zwölften Klasse, Werteunterricht an den Schulen.

Und wie halten es die Spitzenkandidaten mit der Kultur? "Wir müssten bescheuert sein, an diesem zentralen Standortvorteil Berlins zu sparen", sagte Steffel. Es wäre absurd, eines der großen Häuser zu schließen, meinte auch Klotz. Aber den Kultureinrichtungen müsse geholfen werden, wirtschaftlicher zu arbeiten. Auch Rexrodt sieht Einsparpotenziale und vermisst private Sponsoren. Der chancengleiche Zugang zur Kultur müsse allen Sparzwängen zum Trotz erhalten bleiben, forderte Gysi, und Regierungschef Wowereit versprach: Am Kulturbudget in Höhe von 750 Millionen Mark werde nicht gestrichen. Aber: "Ich fordere für hohe Subventionen auch Leistung".

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