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Berlin: Trockenübung

Andreas Conrad über den Brunnen als Klingelbeutel Das Leben kann so süß sein, zum Beispiel in Rom. Millionen Touristen möge es schon gewesen sein, die eine Münze in den TreviBrunnen warfen, voller Hoffnung, einmal zurückzukehren, und dabei wohlig in Erinnerungen schwelgend an eine der schönsten Badeszenen der Filmgeschichte.

Andreas Conrad über

den Brunnen als Klingelbeutel

Das Leben kann so süß sein, zum Beispiel in Rom. Millionen Touristen möge es schon gewesen sein, die eine Münze in den TreviBrunnen warfen, voller Hoffnung, einmal zurückzukehren, und dabei wohlig in Erinnerungen schwelgend an eine der schönsten Badeszenen der Filmgeschichte. Ganz recht, Anita Ekberg in „La Dolce Vita“, auch bei diesem Festival im Programm. Manch einer wird sich beim Münzwurf in die Rolle des schönen Marcello hineinphantasiert haben, während die Begleiterinnen seufzend überlegten, wie reizvoll es doch wäre, eine Sexbombe zu sein.

Der Brunnen als Metapher übersprudelnder Lebenslust – das mag in Rom gelten, in Berlin sieht die Sache anders aus. Gewiss, ein Brunnen auch hier, im Vorraum zum Adagio-Club unter dem Berlinale-Palast. Ein Wasserbecken wie aus dem Antiquitätenladen, wieder liegen Münzen auf dem Grund, aber keine Blondine könnte hier Kühlung suchen. Die Berliner Wasserspiele – ausgetrocknet, versickert? Oder nur stillgelegt, um Festivaldekoration nicht im Wasser stehen zu lassen? Wie auch immer, es bleibt eine Metapher der neuen Ärmlichkeit. Ja, mancher Gast wird überlegen, ob die Münzen wirklich vom Wunsch zeugen, wiederzukehren, oder nicht eher vom Mitleid mit dem armen Berlin.

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