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Berlin: Tue das Werk eines Predigers

Es ist ein bisschen so, als sollten da Pfarrer und Gemeinde verheiratet werden. Wolfram von Heidenfeld steht am Altar, wird gefragt, ob er bereit ist, in der evangelischen Königin-Luise- und Silas-Gemeinde in Schöneberg den Dienst des Seelsorgers zu verrichten.

Es ist ein bisschen so, als sollten da Pfarrer und Gemeinde verheiratet werden. Wolfram von Heidenfeld steht am Altar, wird gefragt, ob er bereit ist, in der evangelischen Königin-Luise- und Silas-Gemeinde in Schöneberg den Dienst des Seelsorgers zu verrichten. „Ja, mit Gottes Hilfe“, sagt er mit lauter, klarer Stimme. Dann werden die Gemeindeältesten gefragt. Ob sie diesen Mann zum Pfarrer wollen und zu ihm stehen werden. „Ja, mit Gottes Hilfe“, heißt es nun vielstimmig. Und dann kniet Wolfram von Heidenfeld nieder, bekommt von Superintendent Wolfgang Barthen die Hand aufgelegt, dann auch von zwei Männern aus der Gemeinde. Zuvor hatten sie Bibelzitate vorgetragen, die die Grundlage für das Pfarreramt sind. „Du aber sei nüchtern in allen Dingen, leide willig, tu das Werk eines Predigers des Evangeliums, richte dein Amt redlich aus“, heißt es im zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus.

39 Jahre ist er alt, der neue Pfarrer für die Schöneberger Insel. Zusammen mit Knut Henke teilt er sich die beiden fusionierten Gemeinden zwischen den S-Bahn-Linien. Für Wolfram von Heidenfeld ist das Neuland, wie er auch in seiner Predigt sagt. Geboren in Halle, aufgewachsen in und um Berlin, Theologiestudium in Rostock. Bisher war er mit je einer halben Stelle Pfarrer in Karlshorst und Theologischer Referent in der Generalsuperintendentur. So führt Barthen den neuen Pfarrer, der freilich schon seit 1. Oktober Dienst tut, auch als einen ein, „der viel studiert hat“. Und doch ist Wolfram von Heidenfelds Predigt in der gut gefüllten achteckigen Kirche am Gustav-Müller-Platz alles andere als abgehoben oder theorielastig. Er hat zum Einstieg gleich eine echte Herausforderung zu bewältigen. Vor der Gemeinde muss er über eine schwierige Stelle im ersten Johannesbrief (2,12-17) sprechen, die für diesen Sonntag als Predigttext vorgesehen ist: „Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist“, heißt es dort; ein scheinbarer Widerspruch zu all den vielen anderen in der Bibel verankerten Ermahnungen, sich einzumischen um der Gerechtigkeit und der Schöpfung willen. Der neue Pfarrer interpretiert die Stelle überzeugend, sagt, dass sich Christen nicht mit allen Zuständen abfinden dürften, dass sie die Welt verändern müssten: „Johannes glaubt an eine Zukunft, in der nichts so bleiben muss wie es ist.“ Es gehe um den Aufbruch in neue Welten und nicht um Flucht vor der Realität oder gar bewusste Weltfremdheit. Und das passt ja zu von Heidenfelds Amtsantritt. Dieser Sonntagmorgen ist auch ein Aufbruch. Für die Gemeinde, den neuen Pfarrer. Und in die Dienstwohnung, die der Gemeindekirchenrat seinem neuen Pfarrer auf der Schöneberger Insel zugewiesen hat.

Jörg-Peter Rau

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