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Berlin: Türkei im EM-Viertelfinale: Eine Stimmung wie am Bosporus - Ausgelassen und friedlich feierten die Berliner Türken den Sieg ihrer Nationalmannschaft

An Schlaf war lange nicht zu denken, jedenfalls nicht in Kreuzberg, Neukölln und rund um den Kurfürstendamm. Ausgelassen und laut, mit stundenlangen Hupkonzerten und Silvesterböllern feierten Tausende Berliner Türken den Sieg ihrer Mannschaft über Belgien.

An Schlaf war lange nicht zu denken, jedenfalls nicht in Kreuzberg, Neukölln und rund um den Kurfürstendamm. Ausgelassen und laut, mit stundenlangen Hupkonzerten und Silvesterböllern feierten Tausende Berliner Türken den Sieg ihrer Mannschaft über Belgien. Und sie feierten friedlich, wie die Polizei am nächsten Morgen erklärte.

Einige Dutzend Fußballfans hatten sich das Spiel im Neuköllner Vereinsheim des 1. SV Galatasaray angesehen. Und so erlebten sie den Einzug ihrer Nationalmannschaft ins Viertelfinale

Anpfiff, punkt 20 Uhr 45. Die Zigaretten werden angezündet, rund 40 Augenpaare starren auf den Bildschirm und hoffen auf das Wunder: Belgien schlagen, Schweden gegen Italien verlieren lassen. "Ich denke, dass es schwer wird, aber mein Gefühl sagt mir, dass sie es schaffen können", prophezeit Jugendspiel-Leiter Kenan Isikli. Einige, die an dem mit Wachs-Decken bezogenen Tischen sitzen, trinken Bier. Die meisten rühren aber in ihren kleinen Teetassen herum. Schnell werden noch SMS-Botschaften per Handy verschickt. Kaum einer, der kein Mobiltelefon am Gürtel trägt.

Jede abgewehrte Torchance der Belgier wird mit einem Applaus im Vereinsheim belohnt. Drei aus der Runde stehen auf und ziehen im Vorderraum eine Runde Billard vor. "Die sehen keine Chance, erst wenn die Türkei ein Tor schießt, kommen die wieder", vermutet Isikli. "Gewinnt, dann wird Euch verziehen", soll vor dem Spiel in den türkischen Zeitungen gestanden haben. Die Türkei-Fans setzen auf Stürmerstar Hakan "Sükür. Der verstolpert aber den Ball. Sofort wird hitzig diskutiert und geschimpft.

Dann der Schock: 23. Minute, Eins zu Null für Belgien, ein lautes "Allah" raunt durch den Raum. Doch dann die Erleichterung: Abseits. Es wird gefachsimpelt. Immer wieder verpassen die Türken Torchancen, was mit einem verächtlichen "Pah" in der Runde kommentiert wird. Über dem Großbildschirm wacht ein Porträt von Atatürk, dem Gründer der Türkei, über das Geschehen. Ob er ihnen Glück bringen wird? "Eine Atmosphäre, die vergleichbar ist mit der am Bosporus", sagt Kommentator Thomas Wark. Im Vereinsheim wird weiter geschimpft.

39. Minute: Italien führt gegen Schweden. Die Türkei klatscht Beifall. Hoffnung in Sicht. Und in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit passiert es endlich: "Allah" - die Türkei macht das Tor! Dank Hakan "Sükür herrscht jetzt Bosporus-Stimmung.

Zweite Halbzeit. Mittlerweile spielt niemand mehr Billard. Alles starrt auf den Bildschirm, der zusammen mit dem Thekenlicht den Raum erleuchtet. Einen Moment lang wird es still, aber dann: Tor! Zwei zu Null, wieder Hakan "Sükür! Die Türkei springt auf, die Türkei singt "Hakan, Hakan". Plötzlich klingeln die Handys in allen Ecken.

Noch zwölf Minuten, dann ist das Wunder wahr geworden. "Das ist unglaublich, was passiert", schreit einer am vorderen Tisch, als Belgiens Torwart vom Platz fliegt. Nur noch zehn Belgier gegen elf Türken, und Italien führt Zwei zu Eins. "Olé, Olé"-Rufe. Und dann wartet die Türkei auf den Schlußpfiff. Es wird ganz still - und dann die Erlösung: Alle liegen sich in den Armen. Die Türkei feiert, die Türkei tanzt. Und sie sagt: "Danke Italien".

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