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Berlin: Türkinnen halten die Strafe für zu milde

Als Rückschlag im Kampf gegen die so genannten Ehrenmorde empfinden Frauenrechtlerinnen in der Türkei das Urteil gegen die Mörder der Deutschtürkin Hatun Sürücü. Die neun Jahre Jugendstrafe für den Hauptangeklagten Ayhan Sürücü seien nicht genug, sagte Naime Kardas vom Frauenzentrum KA-MER im südostanatolischen Diyarbakir.

Als Rückschlag im Kampf gegen die so genannten Ehrenmorde empfinden Frauenrechtlerinnen in der Türkei das Urteil gegen die Mörder der Deutschtürkin Hatun Sürücü. Die neun Jahre Jugendstrafe für den Hauptangeklagten Ayhan Sürücü seien nicht genug, sagte Naime Kardas vom Frauenzentrum KA-MER im südostanatolischen Diyarbakir. Es sei traurig, dass es in einem westeuropäischen Land ein solches Urteil geben könne. Die sozialdemokratische Abgeordnete Gaye Erbatur sprach sogar von einer „Einladung für weitere Verbrechen“. Sie verwies darauf, dass die Türkei erst vor kurzem ihre Gesetze verschärft habe, um die Ehrenmorde einzudämmen.

Tatsächlich ahndet die türkische Justiz die Ehrenverbrechen heute schärfer als früher. Im vergangenen Jahr schrieb ein Gericht im südostanatolischen Sanliurfa türkische Rechtsgeschichte, als es nach einem Ehrenmord nicht nur den Täter, sondern auch andere Familienmitglieder mit hohen Haftstrafen belegte – zusammengenommen 130 Jahre Gefängnis.

Etwa jeden dritten Tag wird in der Türkei eine Frau im Namen der Familienehre getötet, schätzt die Frauenrechtlerin Pinar Ilkkaracan. Um das zu ändern, ist ein Mentalitätswandel nötig. Laut einer Studie der Tigris-Universität in Diyarbakir meint fast jeder zweite Südostanatolier, dass Ehebruch mit dem Tod bestraft werden muss. Nach dem Gesetz ist Ehebruch in der Türkei nicht strafbar.

Dass eine Familie die Bundesrepublik verlässt, wie es nach dem Sürücü-Prozess gefordert wird, ist für türkische Experten keine Lösung. Statt Menschen aus dem Land zu werfen, sollten die Aufklärung verstärkt und die Lage der Frauen verbessert werden, fordert Erbatur: „Es ist ein gesellschaftliches Problem. Wir alle müssen dagegen kämpfen.“

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