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Autogramme vom Fußball-Profi. Änis Ben-Hatira spricht mit Flüchtlingskindern auf dem Bolzplatz.

© Kai-Uwe Heinrich

Übergangslager in Marienfelde: Hertha-Star Ben-Hatira besuchte junge Flüchtlinge

Hertha-Star Änis Ben-Hatira besuchte Montagabend junge Flüchtlinge im Flüchtlingslager Marienfelde. Als junger Spieler bei den Reinickendorfer Füchsen musste er selbst gegen Fremdenhass ankämpfen.

Erst mal müssen sie miteinander warm werden, der Hertha-Spieler Änis Ben-Hatira und die rund 80 Jungen und Mädchen aus Syrien, Afghanistan und Tschetschenien. Aber als die Jungs mit Ben-Hatira endlich auf den Bolzplatz dürfen, löst sich die Stimmung. Hier steht er auf sicherem Terrain, er strahlt – die Kinder strahlen auch. Lässig sitzt der Fußballstar auf dem Tor aus Stahlgitter und wirft den Kindern Fußbälle zu. Es folgen Autogramme und Selfies. Die Kinder sind begeistert. „Ey, hast du gehört, der spricht auch Arabisch“, ruft einer.

Fußball-Profi Ben-Hatira hat am Montagabend die Flüchtlinge des Übergangslagers Marienfelder Allee besucht, um ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit zu setzen. „Ich bin heute gekommen, um euch zu ermuntern, gegen Vorurteile zu kämpfen und eure Chancen hier zu nutzen“, sagt er, als er zu Beginn des Besuchs, vielleicht noch etwas unsicher und schüchtern in einer großen Halle versucht, mit den jungen Flüchtlingen zu reden. Doch vieles von dem, was Ben-Hatira sagt, geht im munteren Gebrabbel der jungen Teilnehmer unter. Übersetzt wird heute in Farsi und Arabisch, denn die meisten der 700 Flüchtlinge in Marienfelde kommen aus Syrien und Afghanistan.

Fußball hilft, sich selbst wertzuschätzen

„Wie oft hast du schon die WM gewonnen?“, will ein Junge mit verschmitztem Lachen wissen. Nicht jeder hier kennt Ben-Hatira mit seinem Irokesenschnitt – statt Hertha-Trikot trägt er heute einen grauen Pullover, auf dem Muhammad Ali boxt. Uta Sternal, Bereichsleiterin beim Internationalen Bund, freut sich trotzdem über den prominenten Besuch: „Für viele ist das Fußballspielen eine gute Möglichkeit, sich mit anderen zu messen und sich wertvoll zu fühlen.“

Auch Ali, ein 20-jähriger Afghane, ist begeisterter Fußballspieler. Zu Hause hat er immer auf der Straße gekickt. Seit anderthalb Jahren ist er in Marienfelde und spielt dreimal die Woche Fußball bei „Champions ohne Grenzen“. Seine Erfahrung mit deutschen Spielern? „Die spielen lieber auf dem Rasen, sonst ist es aber gleich", sagte der junge Afghane.

Fremdenhass muss nicht sein

Was es heißt, fremd zu sein, hat Ben-Hatira, dessen Eltern aus Tunesien stammen, schon früh erlebt. Im Alter von neun Jahren, als er seine Fußball-Karriere bei den Reinickendorfer Füchsen begann, hat er Fremdenhass zu spüren bekommen. „Bei Spielen im Osten wurden immer wieder mal Bananen oder Fladenbrote aufs Spielfeld geschmissen“, erzählt der 26-Jährige. „Das war natürlich nicht schön, aber irgendwie trotzdem normal für mich.“ Den Flüchtlingen in Marienfelde will er zeigen, dass es auch anders geht: „Die Mehrheit der Deutschen ist tolerant.“

Für sein Engagement beim Verein MitternachtsSport hat Ben-Hatira 2013 den Bambi für Integration gewonnen. Jedes Wochenende öffnet der Verein die Türen zweier Turnhallen in Spandau, damit junge Männer meist mit Migrationshintergrund sich beim Kicken auspowern können – ganz ohne Trainer oder Mitgliedsbeitrag. Viele der Männern würden sich sonst auf der Straße treffen. Ben-Hatira und Jérôme Boateng , die beide selbst Migrationshintergrund haben und in Berlin aufgewachsen sind, sind die großen Brüder des Vereins. Erst letzten Freitag war Ben-Hatira wieder zu Besuch in der Halle. „Ich bin eigentlich alle zwei Wochen da, sonst macht es keinen Sinn“, sagt Ben-Hatira. „Kinder spüren, ob jemand etwas erst meint.“

Nazifullah, ein 24-jähriger Afghane aus dem Lager in Marienfelde, fand bisher alle Deutschen ganz nett – aber einen Fußballer mal live zu sehen, ist was ganz Besonderes: „Ich bin echt glücklich, Ben-Hatira gesehen zu haben.“ Und fürs nächste Mal wünscht er sich Schweinsteiger und Neuer.

Luisa Jacobs

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