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Berlin: Überraschung im Karpfenteich

Spontane Tagesspiegel-Geburtstagsparty für Hellmuth Karasek warf Licht auf manches Geheimnis

Eigentlich wollte Hellmuth Karasek sich auf keinen Fall feiern lassen und seinen 70. Geburtstag in aller Stille begehen. Jemand, der sich selber jung fühlt, mag finden, dass man eine 7 am Anfang nicht ins Rampenlicht stellen sollte und wird mit zustimmendem Nicken gelesen haben, was ihm ZDF-Intendant Markus Schächter schrieb: „Mit Ihrer nicht nachlassenden kulturprägenden Leidenschaft als Zeitungsmacher, Buchautor und gern gesehener Fernsehgast werden Sie in meinen Augen immer der jugendlich-temperamentvolle Inspirator bleiben, egal, welches Geburtsjahr in Ihrem Ausweis steht.“

Markus Schächter war natürlich nicht der einzige, der schrieb. Nicht mal die Flut von Gratulationen mit Bundespräsident Johannes Rau, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und Bundeskanzler Gerhard Schröder an der Spitze konnte Karasek zu dem Zugeständnis hinreißen: Ja, auch seine Kollegen im Tagesspiegel dürfen ihn wenigstens ganz kurz mal richtig hochleben lassen. Schließlich hatte seine Frau Armgard Erbarmen und ließ sich überreden, ihren Mann unter einem Vorwand zu einer kurzfristig organisierten Überraschungsparty zu lotsen.

So war dann ein kleiner, gut gelaunter Kreis zusammen gekommen, um den Tagesspiegel-Herausgeber in die Lage zu versetzen, der brieflichen Ermahnung, die er einige Tage zuvor vom Bundespräsidenten erhalten hatte, Folge zu leisten, die da lautete: „Lassen Sie sich verwöhnen und genießen Sie die Anerkennung, die Ihnen entgegengebracht wird.“ Mitherausgeber Hermann Rudolph erinnerte in familiärem Ton anekdotenreich an die vergangenen acht Jahre Karasek beim Tagesspiegel. Als externer Gast war Karaseks langjähriger Weggefährte aus Spiegel-Zeiten, Urs Jenny, dabei. Der erzählte von dem brillanten jungen Theaterkritiker, der schon mit 34 Jahren ins Feuilleton der ZEIT berufen wurde, ein echter Ritterschlag, denn das war das unangefochtene Flaggschiff unter den intellektuellen Publikationen. Anschaulich stellte er das Erstaunen darüber dar, dass Karasek vom ZEIT-Olymp tatsächlich desertierte, um dem Spiegel, der damals eher die Rolle eines Panzerkreuzers spielte, Kultur beizubringen. Schließlich erinnerte der Weggefährte an wichtige Freundschaften, die schwierige mit Rudolf Augstein, die herzliche mit Billy Wilder und die streitbare mit Marcel Reich-Ranicki.

Karasek selbst erzählte lustigmild aus der Perspektive des Karpfenteichs Tagesspiegel, dass „der Journalismus das schlimmste Haifischbecken ist, das es gibt auf der Welt“. Und er bemühte sich nicht zu ernsthaft, Licht in das Rätselraten über das exakte Thema seiner frühen Promotion zu bringen. Es muss wohl doch um Hölderlin gegangen sein, vor allem aber um „das schmückende Beiwort“, das manche seiner Kommilitonen indes immer wieder mit „dem schmucklosen Beischlaf“ verwechselten.

Bevor es richtig gemütlich wurde, verriet er das von Horvath entlehnte Zitat, das er am liebsten über seiner Autobiographie stehen sähe: „Ich bin eigentlich ganz anders. Ich komme nur nicht dazu.“

Großes Gelächter gab es, als Urs Jenny ausplauderte, was Hellmuth Karasek mal ganz offiziell als sein Hobby angegeben hat: auf Partys gehen.

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