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Überwachung: Polizei hört öfter mit

Mehr als eine Million Telefonate wurden im vergangenen Jahr in Berlin überwacht. Gefahndet wurde vor allem nach Schmugglern und Drogenhändlern.

Mehr als 1,1 Millionen Telefonate haben Polizei und Staatsanwaltschaft im vergangenen Jahr in Berlin abgehört, um Kriminellen auf die Spur zu kommen oder Beweise in Strafverfahren zu sammeln. Das gab Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) am Dienstag nach der Senatssitzung bekannt, in der der Jahresbericht an das Abgeordnetenhaus über die Telefonüberwachung beschlossen wurde.

Im Jahr davor waren noch rund 937 000 Telefonate abgehört worden – rund 15 Prozent weniger. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 1052 Telefonanschlüsse von 511 Personen überwacht. Das sind etwa ein Fünftel mehr überwachte Anschlüsse als im Jahr zuvor. Es waren allerdings nur etwa halb so viele Personen betroffen – was die Senatorin damit erklärt, dass viele Verdächtige zunehmend mehrere Telefonanschlüsse und Prepaid-Handys benutzen, um eine Verfolgung zu erschweren.

Der Bericht zeigt aus Sicht der Justizsenatorin, dass die Telefonüberwachung in Berlin „maßvoll und effektiv“ eingesetzt werde. Maßvoll, weil Telefonanschlüsse nur bei begründetem Verdacht überwacht würden. Und effektiv, weil viele Strafverfahren durch Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung beschleunigt und verkürzt würden, wie Oberstaatsanwalt Sjors Kamstra sagte. Im vergangenen Jahr wurden in 157 Strafverfahren Telefongespräche abgehört, vor allem bei Wirtschafts- und Drogenkriminalität sowie Schutzgelderpressung, Raub oder Menschenhandel. Von der Aue und Kamstra lobten die Telefonüberwachung als hilfreiche Methode, um „unbestechliche Beweismittel“ gegen Verdächtige zu bekommen: „Wir produzieren damit Geständnisse“, sagte der Oberstaatsanwalt. Wie viele Anklagen aufgrund von Telefonüberwachung möglich waren, konnten sie nicht sagen.

Kritik kam von der FDP. „Es ist unseriös, wenn die Justizsenatorin die Telefonüberwachungspraxis in Berlin als ,maßvoll und effektiv'' bezeichnet“, sagte Björn Jotzo, datenschutzpolitischer Sprecher der FDP im Abgeordnetenhaus. Mit der jetzt erreichten Zahl von mehr als einer Million abgehörten Telefonaten sei „der Trend der letzten Jahre zu immer mehr überwachten Gesprächen ungebrochen“. Dies findet die FDP „bedenklich, weil mit jeder Telefonüberwachungsmaßnahme unweigerlich Eingriffe in die Grundrechte unschuldiger Dritter, die auf die Vertraulichkeit des Telefonats vertrauen, verbunden sind“. lvt

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