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"Cowboys & Aliens": Ufos im Wilden Westen

Daniel Craig und Harrison Ford feierten am Montag am Potsdamer Platz die Premiere von "Cowboys & Aliens". Davor erklärten die beiden Stars den Reiz, im Kino Genregrenzen zu überschreiten.

„Old Texas Town, die Westernstadt, liegt mitten in Berlin“ – so besangen schon vor gut 30 Jahren die Country-Barden von Truck Stop die kleine Siedlung des Cowboy Clubs Old Texas in Siemensstadt. Am Montag bekamen die Spandauer Holzhäuser Konkurrenz am Potsdamer Platz: Unter dem Sony-Zeltdach, vor dem Cinestar, war am Rande des üblichen roten Teppichs eine kleine Westernszenerie aufgebaut, eine fast filmreife Kulisse aus Saloon samt diverser genreüblicher Utensilien wie Holzfässer, Wagenräder, Sattel. Nur ein paar Felsen, aus denen metallisch schimmernde Trümmer eines libellenhaft-futuristischen Fluggeräts ragten, passten nicht so ganz ins Bild. Aber das lag am Film, der dort am Abend Deutschlandpremiere feierte und die Genre-Ambivalenz bereits im Titel trägt: „Cowboys & Aliens“.

Solch ein Saloon, selbst wenn es hinter der Schwingtür keinen Whisky gibt, eignet sich hervorragend fürs Posieren vor den Fotografen. Sie hatten gut zu tun, mit Daniel Craig und Harrison Ford als obersten Pistoleros, assistiert von der ebenfalls sehr treffsicheren Olivia Wilde und Regisseur Jon Favreau, der mit Western keine Erfahrung vorzuweisen hatte, aber in „Iron Man“ und „Iron Man 2“ hinreichend bewies, dass er mit monströsen Kampfrobotern umzugehen versteht. Und dann gab es ja auch noch Premierengäste wie Schauspielerin Alexandra Kamp, Moderatorin Mo Asumang oder Dschungelkönig Peer Kusmagk.

Ein langer Tag der Interviews in wechselnden Suiten des Adlon lag hinter den Vieren, und in allen Gesprächen dürfte es um den seltsamen Genre-Mix gegangen sein, den sich der Comic-Autor Scott Mitchell Rosenberg für seine gleichbetitelte Graphic Novel ausgedacht hatte und der nun, unter anderen durch Steven Spielberg als ausführendem Produzenten, fürs Kino adaptiert wurde: Ein Fremder (Daniel Craig), der sich im New Mexico des Jahres 1875 in ein gottverlassenes Kaff namens Absolution verirrt und seine Vergangenheit komplett vergessen hat, ein despotischer Viehbaron (Harrison Ford), der mit ihm eine ziemlich hohe Rechnung offen hat, eine rätselhafte, über die Vergangenheit des Fremden irgendwie informierte Schönheit (Olivia Wilde) – und plötzlich aus dem Nichts auftauchende Kampfmaschinen mit eklig-glitschigen Aliens, die technisch überlegen, aber gottlob nicht unverwundbar sind.

Sicher werden Western- wie auch Science-Fiction-Fans jede Menge Anspielungen und Anleihen erkennen, zur Einstimmung auf die Arbeit hatte Spielberg für den Regisseur erst mal eine Vorführung von John Fords „The Searchers“ arrangiert. Favreau gibt auch ohne weiteres zu, dass eine der letzten Szenen seines Films von der Schlussszene des Klassikers inspiriert sei, mit der John Ford wiederum auf eine berühmte Szene mit Harry Carey, einem der ersten Westernstars, angespielt habe. Auch verdanke Harrison Fords Rolle viel denen John Waynes in „The Searchers“ oder auch in „Red River“.

Während die Cowboy-Kluft des kampfstarken Fremden hingegen sich an der Steve McQueens orientierte: „Von ihm habe ich die Chaps geklaut“, gesteht Craig, dessen Lieblingswestern eindeutig „Little Big Man“ mit Dustin Hoffman ist. Wie man mit einer Schusswaffe umgeht, musste ihm niemand mehr erklären, obwohl: Eine Walther PPK, Standardwaffe von James Bond, und ein alter Western-Colt sind doch noch mal was anderes. „In Cowboy-Filmen wird meist wieder und wieder geschossen – aber so lief das nicht. Vor jedem Schuss musste der Hahn neu gespannt werden, das waren keine modernen Waffen. Man konnte damit nicht unentwegt feuern. Ich glaube auch nicht, dass sie das im alten Westen gemacht haben.“ Damit er überzeugend seinen Revolver ziehen und abfeuern konnte, habe man eigens einen Champion als Lehrer engagiert, erzählt Craig, und Holster samt Waffe habe er immer mit nach Hause genommen, um zu üben.

Aber demnächst ist es dann doch wieder die vertraute Walther, der neue 007 kommt bestimmt: „We’re ready to go.“ Rund 90 Prozent der Vorbereitungen seien erledigt, im November begännen voraussichtlich die Dreharbeiten.

Aber es ist nicht nur ein Western, sondern eben auch ein Science-Fiction- und Alien-Film, eine Kombination, die Regisseur Favreau sofort überzeugte. Superhelden-Filme seien doch oft sehr ähnlich, solch einen Genre-Mix aber sah er als Herausforderung. Und ihn hat ebenso gereizt, was ihn auch schon bei „Iron Man“ interessierte: Einen „kleinen Film“ in einem „großen“ zu verpacken. Also einen richtigen Actionkracher zu drehen, mit viel Ballerei, mit Monstern, Explosionen, dem ganzen Hightech-Zauber. Aber darin verborgen ist eine emotional anrührende Geschichte, eine Entwicklung, wie sie etwa Harrison Fords Figur durchmacht, der eben nicht nur rücksichtsloser Rinderbaron ist, sondern auch liebevoller Vater – wenn auch, wie man sagen muss, mit fragwürdigem Erziehungsstil.

„Die Gelegenheit, eine emotionale Beziehung mit dem Publikum zu schaffen“ – so beschreibt ganz ähnlich Harrison Ford den Reiz, den die Arbeit als Schauspieler für ihn besitzt – allgemein und auch in „Cowboys & Aliens“. Und anders als Craig musste er sich dabei nicht mal durch das Erlernen besonderer Schießkünste ablenken lassen. „Das gehörte mehr zu Craigs Rolle.“

„Cowboys & Aliens“ kommt am 25. August in die deutschen Kinos.

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