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Zur Sicherheit. Polizisten rückten in großer Zahl zur Bombenentschärfung nahe dem Breitscheidplatz an und sperrten den Fundort weiträumig ab. Anwohner waren beunruhigt, Touristen schossen Fotos. Foto: dapd/Maurizio Gambarini

© dpa

Berlin: Um 22.30 Uhr atmeten alle auf

Fund einer Weltkriegsbombe legte die City-West stundenlang lahm. Experte musste den Zünder sprengen

Sprengmeister Mathias Rabe hatte am späten Abend dann doch länger zu tun. Er konnte den Zünder der Weltkriegsbombe zwar leicht herausdrehen, musste ihn aber kontrolliert sprengen. So gab es erst um 22.30 Uhr Entwarnung in der City-West, eine Viertelstunde später als erwartet. Aber dann strömten die Menschen wieder – und atmeten auf.

Es herrschte Ausnahmezustand am Donnerstagabend in Charlottenburg: Wegen des Fundes der Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg mussten Anwohner, Touristen und Passanten ab 20 Uhr den Sperrkreis rund um den Breitscheidplatz verlassen. Der 100-Kilogramm-Blindgänger russischer Bauart war nach Auskunft des Bauunternehmens „Bayerische Hausbau“ auf dem Areal am Bikini-Haus an der Budapester Straße gegen 7.15 Uhr bei Tiefbauarbeiten gefunden worden.

Die beteiligten Einsatzkräfte und Feuerwerker der Polizei planten tagsüber den Entschärfungseinsatz. Rund 220 Beamte klingelten an Haustüren und baten zudem Touristen, das Gebiet zu verlassen. Im 250-Meter-Sperrradius lagen unter anderem das Europa-Center, das Hotel Palace, eine Seniorenresidenz, der Saturn-Elektronikmarkt, Teile des Zoologischen Gartens und des Aquariums. Knapp 100 Anwohner mussten ab 20 Uhr ihre Häuser verlassen, am Breitscheidplatz, der Budapester Straße, am Ende der Tauentzienstraße, am Olof-Palme-Platz.

Die Bombe lag nahe dem früheren Standort des blauen Kugelkinos, aus dem Sabine Christiansen bis 2007 mehrere Jahre lang ihre sonntägliche Talkshow sendete. Der Bau ist mittlerweile abgerissen und in den Filmpark Babelsberg gebracht worden. Jetzt entstehen dort eine Einkaufspassage, auch gastronomische Betriebe und Büros. Schon am frühen Abend erkundigten sich Passanten und Touristen bei den vielen Beamten auf dem Tauentzien-Mittelstreifen nach der Ursache der Aufregung: ein Blindgänger, lautete die Antwort.

„Wir waren gut vorbereitet“, sagte Saskia Horenburg vom Hotel Palace – das Partnerhaus Schweizerhof und auch das Intercontinental richteten extra Räume ein – insgesamt waren 300 Hotelgäste in Berlin betroffen. Um die alten Menschen in der Seniorenresidenz an der Budapester Straße kümmerten sich die Ehrenamtlichen vom Deutschen Roten Kreuz, rund 30 Helfer waren schon am Nachmittag im Einsatz. Die Senioren konnten  im Bezirksverordnetensaal des Rathauses Wilmersdorf untergebracht werden. Ganz still wurde es am Breitscheidplatz, als gegen 21 Uhr das Straßenfests „Summer in the City“ geräumt wurde. Die Musik ging aus, die Budenbesitzer schlossen ab. Kristina Citkova vom Imbiss „Zum Zarenhof“ war entspannt: „Ich habe keine Angst, aber die Einnahmen gehen uns durch die Lappen“. Hugendubel hatte schon tagsüber ein Schild rausgehängt: „Wegen eines Bombenfundes haben wir seit 18 Uhr geschlossen“. Auch die Souvernirbuden an der Gedächtniskirche waren später dicht.

Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz erfuhr auf seiner Moskau-Reise von der Bombe. „Solche Funde hatten wir auch auf dem Zoo-Gelände schon öfter“, sagte er. Doch Raubtier-, Elefanten und Antilopen- sowie Menschenaffenhaus konnte man gestern nicht einfach mal so räumen. Busse und Bahnen aber schon. Gegen 20.20 Uhr fuhren im Sperrkreis keine Busse mehr, die U-Bahnen 9 und 12 fuhren ab 20.50 Uhr ohne Halt durch den Bahnhof Zoo. Die U-Bahnen und auch S -Bahnen der S3, S 5, S 7 sowie S 75 endeten dann ab 21.50 jeweils auf Stationen vor dem Bahnhof Zoo. Auch der Regionalverkehr ruhte, überall auf den Straßen waren rotweiße Flatterbänder zu sehen, nichts ging mehr. Nur das Kabarett „Stachelschweine“ durfte, bei verkürzter Vorstellung, bis 21.45 Uhr spielen.

Während die Entschärfer arbeiteten, machten sich einige Anwohner Gedanken. Seit Wochen arbeiten schwere Rammen auf der Baustelle, hätte da nicht passieren können? „Auf der Baustelle sind gängige Bohrgeräte im Einsatz“, teilte Sabine Hagn, Sprecherin der Bayerischen Hausbau, dazu mit. „ Diese registrieren sofort, wenn sie auf Widerstände wie Stahlkörper stoßen und ziehen dann automatisch die Bohrkrone nach oben.“ Selbstverständlich sei die Baustelle wie üblich vorab vom Kampfmittel-Räumdienst mit Metalldetektoren abgesucht worden.

 Annette Kögel, Björn Stephan

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