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Berlin: Umbau des Schadowhauses: Experten kämpfen um das Dach

Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, verliert Berlin im Herbst Kulturgut ersten Ranges: das historische Dach des Schadowhauses nicht weit vom Brandenburger Tor. Der Deutsche Bundestag baut das klassizistische Wohn- und Atelierhaus in der Schadowstraße, wo der Bildhauer Johann Gottfried Schadow von 1805 bis zu seinem Tod 1850 lebte, für über elf Millionen Euro in ein Verwaltungs- und Dienstgebäude um.

Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, verliert Berlin im Herbst Kulturgut ersten Ranges: das historische Dach des Schadowhauses nicht weit vom Brandenburger Tor. Der Deutsche Bundestag baut das klassizistische Wohn- und Atelierhaus in der Schadowstraße, wo der Bildhauer Johann Gottfried Schadow von 1805 bis zu seinem Tod 1850 lebte, für über elf Millionen Euro in ein Verwaltungs- und Dienstgebäude um.

Alle wären vermutlich glücklich, würde die zuständige Bundesbauverwaltung nicht darauf bestehen, dass der zum Schutz vor Insektenbefall in DDR-Zeiten mit dem giftigen Holzschutzmittel Hylotox behandelte Dachstuhl abgerissen und durch einen neuen ersetzt würde. Denn das Dach des Schadowhauses ist nicht einfach ein Dach. Es geht um eine bautechnische Rarität, eine raffinierte Konstruktion, die ein zweites Mal in Berlin nicht vorkommt. Ohne sie wäre die Stadt, die dem Bildhauer nicht nur die Quadriga auf dem Brandenburger Tor, sondern auch viele andere wertvolle Kunstwerke verdankt, um ein Original ärmer.

Deshalb haben jetzt das Landesdenkmalamt, die Architektenkammer und die Baukammer, die Akademie der Künste, deren Chef Schadow im frühen 19. Jahrhundert war, die Gesellschaft Historisches Berlin und die Schadow-Gesellschaft Widerstand angekündigt. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse soll jetzt gewissermaßen Nachhilfe erteilt werden. „Wir wollen ihm auch sagen, dass niemand vor Kontamination Angst haben muss, weil man das mit Insektengift imprägnierte Holz ohne großen Aufwand mit modernen Beschichtungsverfahren versiegeln kann, so dass es nicht mehr ausdünstet und Bundestags-Mitarbeiter gefährdet“, sagte Rainer Ueckert von der Berliner Baukammer gestern bei einem Expertengespräch. Die Mehrkosten für die Abschottungsmaßnahmen würden sich mit denen der Entsorgung des alten Holzes die Waage halten und beträfen etwa ein Prozent des gesamten Umbauetats. Der Schaden indes, warnen die Experten, der durch die „Enthauptung“ des einzigartigen Künstler- und Atelierhauses entstünde und auch international registriert würde, sei ungleich höher. Immerhin habe das Schadowhaus bisher alle Kriege und Katastrophen überstanden, da könne es nicht angehen, dass ihm heute ohne Not ein solcher Schaden zugefügt werde. Auch Kurt Eckert vom Landesdenkmalamt unterstrich die Bedeutung des Dachstuhls als „originales Dokument“ der Zeit des Klassizismus, und Peter Zimmermann verwies als Vertreter der Akademie der Künste darauf, dass Schadows Wohnhaus durch seine kostbaren, jetzt durch Restauratorenkunst wieder sichtbar gemachten Ausmalungen ein Juwel klassizistischer Bau- und Raumkunst ist, das ohne sein historisches Dach stark an Bedeutung verlieren würde.

Helmut Caspar

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