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Berliner Exportschlager: Das Konzept der Imbissbude im ausrangierten S-Bahn-Triebwagen - hier am Flughafen Tegel - kommt auch andernorts gut an. Der Betreiber hat Filialen in Stuttgart, am Flughafen Köln-Bonn - und in Schanghai.

© imago/Schöning

Umfunktionierte Züge in Berlin: Die EsS-Bahn in Schönefeld ist weg

In Tegel gibt es die „EsS-Bahn“ noch, am Flughafen Schönefeld ist sie verschwunden. Auch die Tage anderer umfunktionierter Züge sind gezählt – zumindest in Berlin.

Für viele, die mit dem Flieger in Berlin landen, hat sie Kultstatus: die Currywurst-Bude namens EsS-Bahn, die direkt vor den Flughäfen Tegel und Schönefeld stehen. An beiden Standorten wird die Berliner Wurstspezialität aus einem historischen S-Bahn-Triebwagen der Baureihe „Stadtbahn“ aus den 1920er Jahren serviert. Das hat inzwischen Tradition: Vergangene Woche feierte der in Tegel stationierte umfunktionierte Waggon sein 15-jähriges Jubiläum.

Umso größer ist nun die Enttäuschung für Fans der Berliner Institution: Die EsS-Bahn in Schönefeld gibt es nicht mehr. Schon Ende Juni hatte die Curry-Wurst-Bahn am Flughafen Schönefeld ihren letzten Einsatz, in der Nacht zum vergangenen Sonntag wurde der Waggon, in dem rund 30 Gäste Platz fanden, abtransportiert. Stattdessen steht am gleichen Platz vor dem Terminal A ein Imbissstand der Firma Witty’s. Der hat kein außergewöhnliches Design, wirbt aber für Bio-Curry-Wurst. Flughafen-Pressesprecher Lars Wagner erklärt, der Vertrag für die EsS-Bahn in Schönefeld sei schlichtweg ausgelaufen. Zu der Frage, warum er nicht verlängert wurde, äußert sich Wagner nicht. „Zumindest in Tegel freuen wir uns nach wie vor sehr über die EsS-Bahn.“

Eine neue Bude soll zum BER

Doch auch den beliebten Imbiss in Tegel, auf dem der Slogan „Berlins abgefahrenste Currywurst“ prangt, gibt es nur noch so lange, wie Tegel noch als Flughafen im Einsatz ist, also bis der BER in Betrieb genommen wird. Für Jörg Rösemeier, Mitglied der Geschäftsführung der Wöllhaf-Gruppe, die Betreiber hinter dem außergewöhnlichen Konzept, steht jetzt schon fest: „Am Willy-Brandt-Flughafen wird es keine EsS-Bahn geben.“

Doch Fans sollten nicht verzagen, sagt er, man plane eine Bude nicht weit vom BER an der S-Bahn Station Waßmanndorf. Dort, so hoffe man, sollen auch die nun entlassenen Mitarbeiter wieder angestellt werden, die bis vor Kurzem in der Bahn in Schönefeld beschäftigt waren. Dass dann aber immer noch ein Waggon übrig wäre, der Wagen aus Tegel würde ja schließlich auch abgebaut, ist laut Rösemeier kein Problem. „Unsere EsS-Bahn gibt es nicht nur in Stuttgart, und seit vergangenem Monat am Airport Köln-Bonn, sondern seit zwei Jahren sogar in Schanghai.“ Zwar reagierten die Chinesen eher zaghaft auf die deftige Speise, Deutsche im Exil seien jedoch hocherfreut über die Wurst, und natürlich über die Berliner S-Bahn, die Heimatgefühle wecke.

"Train" im Kleistpark soll Studentenwohnheim weichen

Der Unternehmer, dessen Wöllhaf-Gruppe auch andere Gastro-Einrichtungen an Flughäfen auf der Welt führt, ist zuversichtlich: Der Wagen wird schon Verwendung finden. Wo in Zukunft noch EsS-Bahnen entstehen, verrät er jedoch nicht. Normalerweise rollen ausrangierte Berliner S-Bahn-Waggons, die nicht auf dem Schrottplatz landen, in die Triebwagenhalle nach Erkner, wo sie vom Verein Historische S-Bahn e.V. instandgehalten werden und zu besonderen Anlässen besichtigt werden können, wie beim „Tag der offenen Tore“, der im Juni stattfand.

Trinkbahn. Am Kleistpark werden in einem alten Waggon Drinks serviert – allerdings ist der „Train“ von Neubauten bedroht.
Trinkbahn. Am Kleistpark werden in einem alten Waggon Drinks serviert – allerdings ist der „Train“ von Neubauten bedroht.

©  David Heerde/Imago

Die EsS-Bahnen vor den Flughäfen sind nicht die einzigen Waggons, die umfunktioniert eine andere Verwendung finden. So wurde die Cocktailbar „Train“ am Kleistpark in einen alten roten ausrangierten S-Bahn Wagen gebaut. Ihr Betreiber wirbt nicht nur mit der „einzigartigen Atmosphäre“ des speziellen Ortes, sondern auch mit besonderen Drinks. Doch auch das „Train“ gibt es wahrscheinlich nicht mehr lange. Auf dem Gelände am Kleistpark soll ein Studentenwohnheim mit 115 Zimmern entstehen. Nur noch bis 2016 dürfen die Bar und der angrenzende Restaurantgarten bleiben.

Wie es sonst um ausrangierte S-Bahn-Waggons in Berlin steht? Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert stellt zumindest klar: „So schnell wird es keine leeren Waggons mehr geben, die ausrangiert werden müssten. Momentan sind wir dankbar über jeden Zug, der rollt.“ Wer von dem Konzept, alte Bahnwaggons umzufunktionieren, so richtig begeistert ist, sollte es machen wie ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen. Sie kauften sich für jeweils 20.000 Euro zwei alte Eisenbahnwagen und machten aus ihnen ihr Zuhause.

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