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Staatlicher Transfer zum Wandern. Schulen müssen künftig dafür sorgen, dass Kinder aus einkommensschwachen Familien die Teilnahme am Ausflug bezahlt bekommen.

© Heinrich

Umsetzung kommt nicht voran: Lehrer verzweifeln am Bildungspaket

Nur wenige Familien stellen Anträge für das Bildungspaket. Bearbeitet werden sie oft noch nicht. Die Schulen befürchten einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand.

Die Umsetzung des Bildungspakets, mit dem Kinder aus einkommensschwachen Haushalten gefördert werden sollen, kommt immer noch nicht voran. Zwar verkündet die Senatsverwaltung für Arbeit und Integration bereits seit Wochen, dass die Jobcenter Anträge auf die Leistungen längst bearbeiten können; diese aber verweisen zum Teil auf fehlende rechtliche Grundlagen, weshalb sie keine Bescheide erlassen dürften. Auch an den Berliner Schulen herrscht vor allem Unsicherheit darüber, wie die neuen Aufgaben bewältigt werden können. In Berlin haben rund 200 000 Kinder einen Rechtsanspruch auf die Leistungen des Bildungspakets; 170 000 von ihnen leben in Hartz-IV-Haushalten. Für sie sind die Jobcenter im Auftrag des Senats und der Bezirke zuständig.

Während Zuschüsse zu BVG-Tickets, zum Schulbedarf oder die Finanzierung von Klassenfahrten vom Jobcenter abgewickelt werden, sind andere Leistungen von den Schulen zu organisieren: eintägige Schulausflüge und Nachhilfe über externe Anbieter. Die Förderung des Schulmittagessens läuft in der Regel über die Caterer. Die Schüler sollen hierbei über den Berlinpass zeigen, dass sie einen Anspruch darauf haben. „Wir haben das Gesetz so nicht gewollt und versuchen, es so unbürokratisch wie möglich umzusetzen“, sagt Staatssekretärin für Integration und Arbeit, Kerstin Liebich. Sie zeigt für die Auffassung der Jobcenter, Anträge bisher nicht bearbeiten zu können, wenig Verständnis, zumal es am Montag noch einmal eine Besprechung aller Beteiligten gegeben habe. Somit hätte jetzt alles klar sein müssen. In dieser Woche soll es ein weiteres Rundschreiben der Senatsverwaltung geben.

Nachdem Hartz-IV-Familien in den ersten Wochen kaum Anträge gestellt hatten, heißt es in den Jobcentern nun, dass allmählich mehr Anträge eintreffen. Wie viele es sind, ist aber nicht bekannt. Die Senatsverwaltung seit Mitte April keine weiteren Daten erhoben. Keine Angaben gibt es auch darüber, wie viele Berlinpässe ausgegeben wurden.

Am Neuköllner Albert-Schweitzer-Gymnasium stammen rund 65 Prozent der knapp 680 Schüler aus Familien, die Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungspaket haben. Bisher hat Schulleiter Georg Krapp nicht einen Antrag auf Nachhilfe oder für eintägige Ausflüge erhalten. Dabei könnten diese ja rückwirkend zum Jahresanfang gestellt werden. Auch bei dem Caterer, der die Schulmensa betreibt, seien keine Anträge eingegangen. Bisher hätten lediglich zwei Eltern den Berlinpass vorgezeigt, um sich als anspruchsberechtigt auszuweisen.

Allerdings sind für Krapp viele Punkte nicht geklärt. So hätten die Schulen noch keine Konten, über die die Zahlungen abgewickelt werden sollen. Andernorts ließ eine Schule die Eltern mit einem Rundschreiben wissen, dass Nachhilfe aus organisatorischen Gründen derzeit nicht möglich sei und Ausflüge und die Teilnahme an Veranstaltungen wegen fehlender Schulkonten noch nicht finanziert werden könnten, man aber später eine Rückzahlung beantragen könne. Und die Cafeteria könne ohnedies kein warmes Mittagessen anbieten.

Paul Schuknecht, Leiter der Friedensburg-Sekundarschule und Vorsitzender der GEW-Schulleitervereinigung, hält die Belastungen für die Schulsekretariate bei den Regelungen für die eintägigen Ausflüge für nicht hinnehmbar. Dort müssten Konten und Listen geführt werden. „Ich hoffe, dass die Sekretärinnen richtig rebellisch werden“, sagt Schuknecht. Skeptisch äußerte er sich auch zu der Organisation von Nachhilfeunterricht. Beispielsweise gebe es an seiner Schule mit Ganztagsbetrieb eigene Fördermodule. Deshalb sei es unsinnig, Nachhilfe von Externen anzubieten. Aus weiteren Schulen wird von heller Aufregung in den Kollegien berichtet, die angesichts des Bürokratieaufwands fürchten, überfordert zu werden. Aus der Senatsschulverwaltung hieß es, man könne bisher nicht erkennen, dass es besondere Schwierigkeiten gebe. Dass das Bildungspaket, das Prestigeprojekt von Bundesarbeitsministerium Ursula von der Leyen (CDU), ein „bürokratisches Monstrum“ sei, sei absehbar gewesen, sagt die Sprecherin der Senatsarbeitsverwaltung, Anja Wollny.

Die Berliner Regelungen stehen unter www.berlin.de/bildungspaket

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