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Im Westen. Für die Möbelhäuser auf dem früheren Rangierbahnhof Grunewald ist eine direkte Avus-Zufahrt geplant. Außerdem sollen Autos durch einen Tunnel fahren, der die Eichkampstraße nahe der Cordesstraße unterquert. Die vorgesehene Verkaufsfläche bei Höffner und Sconto beträgt 45 000 Quadratmeter.

© Thilo Rückeis

Umstrittene Bauprojekte: Krieger will Eichkamp aufmöbeln

Der Chef mehrerer Möbelketten will eine Filiale auf einem ehemaligen Bahngelände in Eichkamp errichten. Doch die Anwohner sind dagegen. Es ist nicht das einzige umstrittene Projekt in der Stadt.

Kurt Krieger, Chef von Möbel Höffner, kommt mit seinen Plänen für Möbelhäuser in Grunewald und Pankow voran: Der alte Rangierbahnhof südlich der Avus ist „als Bahngelände entwidmet“ worden, wie der Leiter der Unternehmensexpansion, Michael Kollmann, am Dienstagabend überraschend vor Anwohnern bekannt gab. Damit handelt es sich planungsrechtlich nicht mehr um ein Bahngelände. Allerdings gibt es weitere Hürden. In Eichkamp stoßen Kriegers Pläne auf wenig Gegenliebe, wie eine Versammlung des dortigen Siedlervereins zeigte.

Der 63-jährige Krieger führt die – nach Ikea – zweitgrößte Möbelhandelskette in Deutschland, zu der auch Möbel Kraft und Sconto gehören. Im vorigen Sommer war bekannt geworden, dass das Höffner-Stammhaus an der Pankstraße in einigen Jahren geschlossen werden soll, weil der Standort zu abgelegen sei. „Viele Kunden müssen sich durch den ganzen Stadtverkehr bohren, um zu uns zu kommen“, sagte Krieger. Als Ersatz sollen in Grunewald ein Höffner mit 39 000 Quadratmetern Verkaufsfläche und ein 6000 Quadratmeter großer Sconto-Möbeldiscount entstehen; nebenan ist ein Golfplatz geplant. Je 1000 Quadratmeter größer sind zwei in Pankow geplante Möbelhäuser. Zum Projekt „Pankower Tor“ gehören auch ein Shoppingcenter, ein Stadtplatz, ein Park, Wohnungen und eine Schule.

In Eichkamp rechnen Anwohner mit einem „Verkehrskollaps“. Bereits jetzt gibt es dort Beschwerden über den Verkehr, wenn Veranstaltungen auf dem nahen Messegelände stattfinden oder Autofahrer die Wohnstraßen auf dem Weg zum Olympiastadion durchqueren. Die Möbelhäuser sollen zwei Zufahrten erhalten – einen Zubringer direkt an der Avus und einen Tunnel, der über den Messedamm und die Eichkampstraße erreichbar wäre. Nach den Erfahrungen mit anderen Möbelhäusern sei mit höchstens zehn Lkw-Transporten täglich und „drei bis fünf Pkw pro Minute“ zu rechnen, sagte Projektleiter Kollmann. Bestellte Möbel würden Kunden aus dem Lager in Waltersdorf geliefert.

Die Bürger befürchten, dass „der Verkehrswert der Häuser sinkt“, wie Vorstandsmitglied Johannes Wegner vom Siedlerverein sagte. Zu den weiteren Kritikpunkten gehört die „Herabwürdigung“ des Mahnmals „Gleis 17“, das am Bahnhof Grunewald an die Judendeportationen der Nazis erinnert. Der freie Blick ins Gleisfeld werde „durch die riesigen Baukörper beeinträchtigt“, heißt es. Statt Handel wünscht sich der Verein eine „natur- und ortsverträgliche Nutzung“ der Brache, etwa durch Wohnungsbau. Die meisten Fraktionen in der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf haben noch nicht klar Stellung bezogen. Nur die Grünen seien schon „eindeutig dagegen“, sagte deren Stadtentwicklungsexperte Bert Lehmann, der auch den bezirklichen Planungsausschuss leitet. Es gebe genügend Möbelmärkte in Berlin, „man ist in kurzer Zeit in Tempelhof oder Spandau.“

Bisher ist Grunewald weder im Berliner Flächennutzungsplan noch im „Stadtentwicklungsplan Zentren“ als Standort für großflächigen Einzelhandel vorgesehen. Möbelmärkte sollten nicht in Innenstadtlagen, sondern „in der Peripherie“ entstehen, heißt es aus der Stadtentwicklungsverwaltung. Auch beim „Pankower Tor“ will der Senat die Änderung des Flächennutzungsplans verweigern, obwohl sich die BVV Pankow für das Projekt ausgesprochen hat. Streitpunkt ist das geplante Shoppingcenter mit 30 000 Quadratmetern Fläche.

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg habe „keine abschließende, aber auch keine vorverurteilende Haltung“ zu Kriegers Plänen, sagt Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen. Er widerspricht der Annahme, neue Möbelhäuser würden den Markt übersättigen. „Die Planungen stehen ja im Zusammenhang mit der Stilllegung in Wedding.“ Stelle ein Unternehmer fest, dass der „historisch gewachsene Standort“ wirtschaftlich nicht tragfähig sei, bleibe nur die Neuorientierung „oder die Insolvenz“. Mit mindestens 6000 Mitarbeitern in der Region dürfte Krieger hier der größte Einzelhandelsunternehmer sein, so Busch-Petersen. Wenig Verständnis hat er dafür, dass die Anwohner in Eichkamp sich um ihre Idylle sorgen: „Man wohnt hier nun mal in der Stadt.“

Krieger rechnet an beiden Standorten mit fünf bis zehn Jahren Planungszeit. Er hat stets einen langen Atem bewiesen – und in Hamburg sogar 17 Jahre auf eine Baugenehmigung gewartet.

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