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Die Körperwelten-Ausstellungen des "Plastinators" Gunther von Hagens werden immer wieder kontrovers diskutiert.

© Doris Spiekermann-Klaas

Update

Umstrittene Körperwelten-Schau von Gunther von Hagens: Bezirksamt Mitte weist Kungelei-Verdacht zurück

Nach einer verfrühten Jubel-Mitteilung aus dem Bezirksamt von Mitte räumt die Pressestelle den Fehler ein. Die Kammer des Verwaltungsgerichts habe damit nichts zu tun. Dennoch muss über den Befangenheitsantrag der Familie von Hagens entschieden werden.

"Alles mein Fehler", sagt die Pressestellen-Mitarbeiterin des Bezirksamts von Mitte am Telefon. Sie ist hörbar geknickt. "Der Bürgermeister Christian Hanke hat sich über das Missgeschick geärgert. Aber Fehler passieren eben." Am Dienstag hatte die Pressestelle eine vorbereitete Mitteilung zum Gerichtsverfahren über das geplante Körperwelten-Museum des Plastinators Gunther von Hagens zu früh herausgegeben und damit einen Befangenheitsantrag gegen die zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts ausgelöst. Die Urteilsverkündung musste auf Freitag verschoben werden.

Bei Erfolg des Antrags muss die Verhandlung wiederholt werden

Um 14.36 Uhr verbreitete das Bezirksamt Mitte seine Erfolgsmeldung: Die Körperwelten-Ausstellung des Plastinators Gunther von Hagens bleibe verboten. Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) gab das passende Statement ab: „Ich begrüße diese Entscheidung...“ Dumm nur, dass zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts entschieden war. Die 21. Kammer des Verwaltungsgerichts verhandelte noch über die Klage der Familie von Hagens gegen das bezirkliche Verbot der Dauerausstellung am Fernsehturm.

Eine halbe Stunde später zog das Bezirksamt seine Mitteilung zurück. „Ein Irrtum“ der Pressestelle, hieß es. Doch der Anwalt derer von Hagens, Holger Schmitz, bekam Wind von der Urteilsvorwegnahme und stellte einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Schaefer und seine Beisitzer. „Die Klägerseite folgerte, dass eine derartige Information nur von Seiten der Kammer selbst stammen könne“, erklärte ein Sprecher. Eine andere Kammer des Verwaltungsgerichts muss nun über den Antrag entscheiden. Hat er Erfolg, muss die Verhandlung wiederholt werden. Zumindest hat die Klägerseite nun Zeit gewonnen.

Eine Pressemitteilung vorzubereiten, ist nichts Ungewöhnliches. So kann direkt nach einer wichtigen Entscheidung reagiert werden. In diesem Fall waren nach Angaben der Pressestelle drei Versionen vorbereitet worden: 1. Urteil zugunsten des Bezirksamtes, 2. Urteil zugunsten der Kläger, also der Familie von Hagens, 3. Vertagung des Verfahrens. Weil Bürgermeister Hanke Gespräche im Senat hatte, stimmte die Pressestelle die Versionen mit seinen Zitaten per Mail ab. Der Rücklauf mit Hankes Änderungswünschen wurde dann fälschlich als Freigabe interpretiert. Der Verdacht, das Gericht habe Informationen ans Bezirksamt weitergeleitet, sei völlig abwegig, erklärte das Bezirksamt.

Ein echtes Plastinat sollte den Richtern vorgeführt werden

Im Verfahren am Verwaltungsgericht hatte der Richter mehrere Beweisanträge abgewiesen. Rechtsanwalt Holger Schmitz wollte den emeritierten Heidelberger Anatomie-Professor Wilhelm Kriz als Zeugen hören – Kriz war der ehemalige Chef Gunther von Hagens’ – und ein echtes Plastinat vorführen, den "Denker".

Das Bezirksamt Mitte will das Museum unbedingt verhindern. Hanke hält die Plastination für eine Verletzung der „postmortalen Würde“ des Menschen. Außerdem schreibe das Berliner Bestattungsgesetz vor, dass Leichen zu bestatten seien. Eine Ausstellung – in diesem Fall der von den Menschen zu Lebzeiten gespendeten Körper – sei verboten.

Dagegen klagten Ehefrau und Sohn des schwer erkrankten von Hagens. Ihr Argument: Bei den Plastinaten handele es sich nicht um „Leichen im Sinne des Berliner Bestattungsgesetzes“. Sie seien eher mit Skeletten vergleichbar, die auch zur anatomischen Fortbildung ausgestellt würden, sagte Anwalt Schmitz in der Verhandlung. Außerdem würden die mit Plastik vermengten Leichenteile nicht verwesen, was dem Bestatten widerspreche.

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