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Wie lernen Kinder am besten? Das ist eine seit Jahren andauernde Streitfrage. Die Schulen wehren sich gegen gemischte Klassen.

© Mike Wolff/TSP

Update

Umstrittenes Konzept: 70 Grundschulen wollen kein Jahrgangsübergreifendes Lernen

Jede fünfte Grundschule in Berlin lehnt das JüL-Konzept ab. Bei der Senatsverwaltung für Bildung sind bis Fristende am 1. Juli 70 Anträge auf Befreiung eingegangen.

Fast jede fünfte Grundschule in Berlin geht auf Abstand zum Jahrgangsübergreifenden Lernen (JüL): 70 von 370 Schulen wollen vom Schuljahr 2012/13 die umstrittene Methode zumindest teilweise wieder abschaffen. Das teilte die Bildungsverwaltung am Dienstag auf Anfrage mit. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hatte es den Schulen im Rahmen seines Qualitätspaketes frei gestellt, eigene Konzepte an die Stelle von JüL zu setzen. Am 1. Juli lief die Antragsfrist ab.

„Das sind ja viel mehr, als ich erwartet habe“, wunderte sich Felicitas Tesch. Die bildungspolitische SPD-Sprecherin hatte zu den Abgeordneten gehört, die die verbindliche Mischung der Erst- und Zweitklässler immer wieder verteidigt hatten.

Dabei gab es von Anfang an starke Bedenken gegen die Verpflichtung, weshalb Zöllner ebenso wie sein Vorgänger Klaus Böger (SPD) den Schulen immer wieder Aufschub bei der Umsetzung gewährt hatte. Parallel wurde allerdings von einigen Schulräten erheblicher Druck aufgebaut. Schließlich waren nur noch rund 40 Schulen ohne JüL übrig.

Besonders viel Widerstand gab es all die Jahre in Neukölln. Dies schlägt sich auch in der hohen Zahl von 20 Anträgen nieder, JüL wieder abzuschaffen. Es folgen Treptow-Köpenick (11), Lichtenberg und Reinickendorf (je 7), Pankow und Spandau (je 6), Steglitz– Zehlendorf (5) und Charlottenburg-Wilmersdorf (4). Keinen einzigen Antrag gibt es aus Mitte und Marzahn-Hellersdorf. Zu den Schulen, die nun eigenen Konzepte erarbeitet haben, gehören auch jene, von denen schon lange Widerstand ausging wie die Konkordia-, Robert-Reineck- und Eichenwald-Schule in Spandau. Nicht überraschend kommt auch der Antrag von der Erich-Kästner- sowie der Johannes- Tews-Schule in Zehlendorf. Voraussetzung für die Antragstellung ist eine Zweidrittelmehrheit in der Schulkonferenz.

Die eigenständigen Konzepte werden jetzt von den zuständigen Schulräten in den Außenstellen der Verwaltung geprüft. Letztlich entscheidet aber die Zentrale über die Genehmigungen. Voraussetzung ist, dass alternative Methoden entwickelt wurden, mit denen die Lernanfänger optimal gefördert werden können.

„Ich hoffe, dass die Verwaltung kulant mit den Anträgen umgeht“, sagte die FDP-Bildungspolitikerin Mieke Senftleben. Özcan Mutlu (Grüne) führt die Vorbehalte gegen JüL auf die mangelnde personelle Unterfütterung zurück. Die hohe Zahl von Anträgen sei „ein Alarmzeichen“. Der Senat muss sich (FDP), die sich immer gegen eine JüL-Verpflichtung ausgesprochen hatte, Schulen können auch für einzelne Lerngruppen Ausnahmen von JüL beantragen. Es kann also sein, dass unter den 70 Schulen, die Anträge gestellt hatten auch Fälle sind, in denen nur einzelne Lerngruppen befreit werden sollen.

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