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© dpa

Umweltzone: Ämter mit Anträgen überfordert

Viele Autobesitzer warten auf Ausnahmegenehmigungen für ihre gelbe Feinstaubplakette. Ab Montag müssen sie ihre Fahrzeuge einmotten – oder Bußgelder riskieren.

Am Montag wird es für viele Autofahrer mit gelber Feinstaubplakette nicht nur ernst, sondern auch gefährlich: Sofern sie noch keine Ausnahmegenehmigung haben und nicht auf ihr Auto verzichten können, müssen sie verbotswidrig in die Umweltzone fahren. Und das in vielen Fällen nur deshalb, weil der längst bestellte und für die von Februar an zwingend vorgeschriebene grüne Plakette erforderliche Nachrüstfilter noch immer nicht geliefert wurde und es das Bezirksamt nicht rechtzeitig geschafft hat, eine Bescheinigung für die Übergangsphase auszustellen. Damit tritt genau das Dilemma ein, das mit der Gnadenfrist im Januar vermieden werden sollte.

Dramatisch ist die Lage in Tempelhof- Schöneberg, wo Stadtrat Oliver Schworck (SPD) angesichts eines auf 1300 Anträge gewachsenen Stapels am Donnerstag resigniert verkündete: „Wir rechnen mit zwei Monaten Bearbeitungsdauer.“ Die Lage habe sich immer weiter verschärft, weil offenbar viele Autobesitzer bis zuletzt gehofft hatten, dass ihr bestellter Rußfilter noch rechtzeitig eingebaut werden kann. Da die Industrie noch immer nicht genug Nachrüstfilter liefert, brauchen die Autofahrer nun die Bescheinigung vom Amt. Ihre Anträge stapeln sich zusammen mit jenen, die wegen finanzieller Härten oder der für Fuhrparks gültigen Quotenregelungen Ausnahmegenehmigungen für ihre „Gelben“ wollen. Viele hatten die vom ADAC betriebene Klage gegen die Umweltzone abgewartet – die aber Mitte Dezember vor dem Verwaltungsgericht gescheitert war.

Ein typischer Fall wäre also etwa folgender: Ein Autofahrer hat im November einen Rußfilter bestellt, der aber bisher nicht geliefert wurde. In den ersten Februartagen wird er – oder auch das geparkte Auto – mit der gelben Plakette in der Umweltzone erwischt, bekommt einen Punkt in Flensburg und 40 Euro Geldbuße aufgebrummt . Wenige Tage später wird dann endlich der Filter eingebaut, das Auto bekommt die grüne Plakette. Und irgendwann im März schickt das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg für eine Gebühr von 25 Euro den längst hinfällig gewordenen Übergangsbescheid.

Vom Tagesspiegel mit dem Problem konfrontiert, reagierte die Verwaltung von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) prompt: Am Freitag wurde vereinbart, dass das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hilft, den Stapel des Nachbarbezirkes abzuarbeiten. Das kommt zwar für viele Betroffene zu spät, aber dürfte die Wartezeit deutlich verkürzen: Bei der Service-Hotline im Rathaus Wilmersdorf war von knapp einer Woche Bearbeitungszeit die Rede – verbunden mit dem Angebot, die Kopien von Zulassung, Werkstattauftrag und Antragsformular ins Amt zu faxen. Das Antragsformular lässt sich online herunterladen. Auch im Bezirksamt Mitte hieß es: „Kommen Sie am besten persönlich mit den Unterlagen vorbei, dann müssten wir es in einer Woche schaffen.“

Dass es überhaupt zu einem solchen Chaos kommen konnte, erklärt Stadtrat Schworck so: Er habe im Bezirk drei Mitarbeiter für die Anträge, zwei davon aus dem zentralen Stellenpool. Von dort seien schon vorher Kollegen geschickt worden, die jeweils erst eingearbeitet werden mussten und dann plötzlich andere Jobs bekommen hätten.

Bernd Lehming, der in der Umweltverwaltung das Referat Immissionsschutz leitet, gibt den Fahrzeugbesitzern eine Mitschuld: „Wer Mitte Januar erst den Filter bestellt hat, hat einfach zu spät reagiert und muss nun mit dem Missstand leben.“ Einen Reisepass bekomme man ja auch nicht von heute auf morgen. Lompschers Sprecherin Regina Kneiding sagt: „Wir haben die Filterhersteller noch mal direkt aufgefordert, uns und die Fahrzeughalter über die genauen Lieferzeiten zu informieren.“

Das Ausmaß des Problems lässt sich nur vage abschätzen, weil die Mehrheit der reichlich 100 000 Berliner „Gelben“ (Stand Mitte 2009) bereits nachgerüstet sein dürfte und dadurch „grün“ geworden ist. Lehming sagt: „Die Gesamtlage ist relativ diffus.“ Ähnliches ist von der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu hören; massive Beschwerden von Mitgliedern gebe es nicht. Da gelbe Plaketten nur für Diesel-Fahrzeuge ausgegeben wurden, betrifft das Problem vor allem Last- und Lieferwagen. Die roten Plaketten, die ebenfalls nur an Diesel-Fahrzeugen kleben, sind schon seit Jahresbeginn ungültig. Anselm Lotz, Vorstand bei Kfz-Innung und Handwerkskammer, berichtet von 42 Kunden allein in seiner Werkstatt, die mindestens seit Mitte Dezember auf ihre Nachrüstfilter warten.

Infos und Formulare online:

www.berlin.de/umweltzone

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