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Berlin: Unbekannte Welt

VON TAG ZU TAG Christian van Lessen besuchte KPM und übt sich als AltBerliner in Demut Da lebt der Schreiber dieser Zeilen Jahrzehnte, ach was, ein halbes Jahrhundert in der Stadt. Im irrigen Glauben, jede Ecke zu kennen.

VON TAG ZU TAG

Christian van Lessen besuchte KPM und übt sich als AltBerliner in Demut

Da lebt der Schreiber dieser Zeilen Jahrzehnte, ach was, ein halbes Jahrhundert in der Stadt. Im irrigen Glauben, jede Ecke zu kennen. Taxifahrer belehrt er regelmäßig, wie sie auf kürzestem Weg zu fahren haben, was die in seltensten Fällen mit Dank, eher mit Umwegen quittieren. In Charlottenburg oder Tiergarten, wo er vorübergehend wohnte, ist er ziemlich sicher, jedes Haus, jeden Baum, jeden Strauch zu kennen.

Mit traumwandlerischer Sicherheit fände er seine Ziele. Und zeigte man ihm auf einem Foto nur eine einzige Fassade oder ein Geschäft, so wüsste er, wo sie stünden. Hin und wieder gibt es zwar Überraschungen, vor allem in Köpenick oder Spandau, in Lichtenberg oder Französisch-Buchholz. Aber geht es um die City, ob West oder Ost, fühlt er sich firm. Fühlte sich firm – bis gestern.

Da war er auf dem Gelände der Königlichen Porzellan-Manufaktur KPM, beim Tag der offenen Tür. An Bauzäunen vorbei, irgendwo zwischen S-Bahnhof Tiergarten und dem Salzufer, öffnete sich eine unbekannte Welt: ein großer Platz mit schön restaurierten Manufakturbauten, ein Gefühl von Süden. Er stand sprachlos vor der Schönheit, die er dort nicht vermutet hatte.

Seit gestern ist er kein „Ich-kenn-alles“- Großmaul mehr. Wie viele schöne Plätze mag es geben, irgendwo versteckt, von denen er keine blasse Ahnung hat?

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