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Foto: dpa/Britta Pedersen

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Berlin: Ungelenker Porno

Detlef Uhlmann, einst Besitzer des „Bel Ami“, hat ein Buch über sich selbst geschrieben.

Möglicherweise wird in Berlin eine Planstelle für alternde Lebemänner frei. Rolf Eden kommt sehr in die Jahre, das ist die Chance für den ein paar Jahre jüngeren Detlef Uhlmann. Uhlmann? Keine gravierende Wissenslücke – er hat lange Jahre den Sex-Club „Bel Ami“ am Olympiastadion geführt, von dem es heißt, er sei nicht nur ein Bordell gewesen, sondern eines der edelsten Etablissements, die es in Deutschland je gegeben hat. Diese Einschätzung findet sich jedenfalls im Klappentext eines Buchs, mit dem Uhlmann nun auf den Markt drängt. Es heißt, natürlich, „Bel Ami“ und ist in der Boulevardpresse in den letzten Tagen zum Buch stilisiert worden, „vor dem Berlins Promis zittern“.

Autoren, so will es die Sitte, müssen lesen, und so hält es auch Uhlmann – nur tut er sich damit keinen Gefallen. Schauplatz ist der eher verrauchte als verruchte „Bel Ami Salon“ in der Leibnizstraße, eine Art Resterampe des einstigen Glamourclubs. Uhlmann hat sich im Gedrängel der Kamerateams zu einem dick gepolsterten roten Ledersofa durchgeschlagen. Neben ihm sitzen zwei junge Frauen, die im Duktus des Buchs wohl „elfengleich“ heißen würden, sehr schlank sind sie zumindest im Bereich der Sitzfläche, und deshalb bleibt noch Platz für den Autor und sein Buch.

Uhlmann trägt den Anfang des ersten Kapitels vor, in dem es um seine Virtuosität beim Abschleppen frischer Mitarbeiterinnen geht („Es gibt nichts, was eine so schöne Frau wie du von einem Mann nicht bekommen könnte, wusstest du das?“), doch er erweckt den Eindruck, als lese er das zum ersten Mal. Er stottert, verhaspelt sich, fängt wieder an und ist sichtlich dankbar, als der Verleger die Farce nach der vierten Seite abbricht und entschlossen um Fragen bittet.

Schon an dieser Stelle ist klar, dass Berlins Promis umsonst gezittert haben, denn sie kommen praktisch nicht vor. Und wenn doch, dann sind sie so wolkig umschrieben, dass sich jeder Leser irgendwas denken kann. Hui, diese Prominenten! „Wir hatten mitunter sehr lukrative Leute da gehabt“, sagt Uhlmann, damit muss es genug sein an Enthüllungen.

Die Hoffnung, das Buch werde neben allerlei ungelenkem Porno, bunten internationalen Aufreißerfantasien und Kleiderpflegetipps („Meine Hemden, die ausschließlich von Versace, D&G, Armani oder Valentino waren, ließ ich von einer zuverlässigen polnischen Frau bügeln“) auch Erhellendes über Berlin offenbaren, erfüllt sich nicht. Es geht eigentlich nur um Uhlmann, den tollen Hecht, der nie jemandem Böses wollte, und der in die Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung auch nur von seinen Steuerberatern gebracht wurde, „da wurde ich von meinem Thron gerissen“, seufzt er, „und fiel in ein tiefes Loch“.

Kritik, womöglich Selbstkritik am Sex-Gewerbe, ist da natürlich nicht zu erwarten. Die „Mädels“ waren Göttinnen und wurden auch so behandelt, Stress gab es nicht, niemand wollte Böses, ausgenommen die finsteren Schutzgeldrocker, die von einem befreundeten Kriminalkommissar und seinen Jungs rasch verscheucht wurden. Kurz: „Das Bel Ami war wie ein Schal, und der Schal legte sich um einen herum.“

Ja, so war das Bel Ami, praktisch eine sozialpsychologische Tagesstätte in privater Trägerschaft, „ich war stolz darauf, den Ruf zu haben, im Bel Ami ist alles in Ordnung“, freut sich Uhlmann. Aber eben doch nicht alles, das Strafverfahren hat aus einem großen Vermögen ein eher kleines gemacht. Doch die Basis ist geblieben: „Der Spiegel bestätigt ihm, dass er gut aussieht. Sehr gut sogar für sein Alter“ sagt der Erzähler im Epilog. Rolf Eden, aufgepasst. Bernd Matthies

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