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Party und Kirche - passt das zusammen? "Religion of Bass" wagt den Versuch.

© Fotomontage: Henrik Nürnberger

Ungewöhnliche Location: Eine Kirche wird zur Dancehall

Harter Bass statt Glockengeläut: Am Sonnabend steigt in der Weddinger Stephanuskirche eine Party. Das könnte der Auftakt für weitere Events dieser Art sein.

Sie bespielte Open Airs in Mailand und Lissabon, tourte durch die USA und legte auch in angesagten Berliner Clubs auf. Doch einer ihrer außergewöhnlichsten Auftritte als DJ wird die US-Amerikanerin Tara Grünwald, bekannt unter dem Namen "Bumblebee", am Sonnabend in der Weddinger Stephanuskirche haben. Dann nämlich wird die Kirche im Stadtteil Gesundbrunnen zur Dancehall: Statt Glockengeläut beschallt Drum and Bass das ehrwürdige Gemäuer.

Seit Wochen wirbt Grünwald für die Party, klebt Plakate im Viertel, teilt Aufrufe  in sozialen Netzwerken, sodass auch der Letzte von der Veranstaltung erfährt. Man merkt ihr die Vorfreude an: "Das ist schon etwas Außergewöhnliches. Ich kenne keinen, der sonst je so ein Event in einer Kirche organisiert hat." Veranstalter Mario Freiherr, Geschäftsführer der Künstlerplattform "Lizzar", macht die Stephanuskirche nicht zum ersten Mal zu einem Ort für unkonventionelle Feierlichkeiten wie das „Religion of Bass“, wie der pompöse Name der Party lautet. In der Kirche organisierte er jüngst Rock- und Popevents mit verschiedenen Bands, initiierte eine Jam Session, die jeden Montag in der Kirche stattfindet, und auch Modeschauen.

Kiez und Kirche beleben

Eigentümer der Stephanuskirche ist die evangelische Gemeinde an der Panke, die noch für zwei weitere Kirchen im Gesundbrunnen-Quartier zuständig ist. "Vor allem die geringe Zahl wirklich aktiver Mitglieder ist der Grund dafür, dass die Stephanuskirche nicht intensiv für kirchliche Zwecke genutzt werden kann", sagt Pfarrer Michael Glatter. Nur drei bis vier Mal im Jahr finden hier noch Gottesdienste statt. Um den Ort wenigstens ein bisschen "mit christlichem Leben zu füllen", habe man die Nutzungsrechte an der Kirche schweren Herzens an eine andere Gemeinde, "die Gospel gGmbH", abgegeben, die wiederum Veranstaltungen wie das "Religion of Bass" ermöglichen. "Deren Nutzungskonzept sehe eine große Bandbreite an Kultur vor, entsprechend vielfältig ist das Programm", sagt Glatter.

Zur Party am Sonnabend kann er nichts sagen. Kritik an der Veranstaltung konnte er aus seiner Gemeinde bisher nicht vernehmen, im Gegenteil gebe es bisher viele positive Stimmen zu der vielfältigen Nutzung der Kirche, berichtet Glatter: "Der lange Stillstand dort hatte eine wesentlich gravierendere Ausstrahlung auf den Kiez."

Kirche und Kiez beleben – das ist auch das Ziel von Veranstalter Mario Freiherr. Er wolle mit der musikalischen Ausrichtung auf Drum and Bass und Jungle ein besonderes Kulturangebot schaffen in einer Gegend, die oft als sozialer Brennpunkt beschrieben wird. "Vor allem wollen wir Spaß haben, selbst wenn sich das für mich als Veranstalter nicht hundertprozentig rechnet", sagt er. Freiherr gibt zu, dass so eine Party in der Kirche natürlich eine grenzwertige Sache sei. „Aber wir tun keinen weh und verletzen auch keinen Glauben, sondern schaffen etwas Verbindendes“, sagt er.

Erst der Anfang?

Die Party in der Kirche soll erst den Auftakt für eine Reihe von weitere Drum-and-Bass-Veranstaltungen bilden. In direkter Nachbarschaft betreibt Mario Freiherr die "Golden Lounge", wo er experimentelle Musikabende zum Mitmachen für jedermann plant. Auch die Kirche würde er gern wieder nutzen – vorausgesetzt, die Gemeinden seien ihm weiterhin so wohlgesonnen wie „die Gospel gGmbH“, deren kulturelles Engagement er schätzt. Derzeit ist die Übertragung der Nutzungsrechte an eine neue Gemeinde im Gespräch.

"Religion of Bass" am Sonnabend sieht Freiherr deshalb als Werbung für weitere Abendveranstaltungen in der ungewöhnlichen Kulisse. Es wird auch ein erster Test sein, ob die Kirchenmusik der anderen Art auch vom Publikum angenommen wird. Ab 23 Uhr werden fünf DJs auflegen. Dazu sollen visuelle Effekte und Installationen die Kirche in einen magischen Ort verwandeln, verspricht der Veranstalter.

„Religion of Bass“, Sonnabend den 12. September in der Stephanuskirche, Prinzenallee 39/40, 13359 Berlin. Eintritt 7 Euro bis 24 Uhr, später 10 Euro.

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Henrik Nürnberger

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