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Berlin: Ungläubige und der Allmächtige Wie türkische Blätter über eine heilige Nacht der Moslems berichten

Am Sonnabend zelebrierten 1,5 Milliarden Moslems auf der Welt eine ihrer vier heiligen Nächte. Auch die Moscheen in Berlin waren an diesem Tag voll.

Am Sonnabend zelebrierten 1,5 Milliarden Moslems auf der Welt eine ihrer vier heiligen Nächte. Auch die Moscheen in Berlin waren an diesem Tag voll. Miraç Kandili – das bedeutet so viel wie Öllämpchenfest – heißt diese religiöse Feier. Sie wird immer im siebten Monat des (kürzeren) islamischen Mondjahres begangen. Alle türkischen Zeitungen erinnerten daran (selbst die nichtreligiösen) – ebenso erinnerten sie auf ihren Titelseiten an den 11. September 2001 als Tag der Trauer.

Das Öllämpchenfest hat folgenden Hintergrund: Nach einer Erzählung, die nach den prophetischen Visionen von Mohammed (um 570 bis 632 n. Chr.) entstand, wurde der Prophet der Moslems von seiner Schlafstätte in Mekka in den Himmel vor den Thron Gottes gebracht. Diese als Nachtreise berühmt gewordene Erzählung liefert noch heute den Stoff für viele Geschichten. „Unser Prophet hat dort Paradies und Hölle gesehen. Als er das den Menschen in Mekka erzählte, lachten sie ihn aus“, erläuterte ein Kolumnist der Tageszeitung Türkiye am Sonnabend.

Schließlich gingen die Moslems in Berlin den ganzen Tag über in die Moschee, Frauen bereiteten Leckereien zu und verteilten das Essen in der Nachbarschaft. Dem Glauben nach schwirren Engel in der Nacht durch die Lüfte und hören den Menschen zu, während sie beten, flehen und sich etwas wünschen. Aber dem Kolumnisten der Türkiye war nicht zum Feiern zumute. „Spürt die Qualen…!“, stand als Überschrift zu seiner zweiten Kolumne auf der gleichen Seite. Statt sich zu freuen, erinnerte der Schreiber daran, was mit den Menschen von damals passierte. „Als der Allmächtige den Ungläubigen eine heiße Brise runterschickte (…), kochte Wasser und die Menschen verbrannten sich die Füße an den Steinen. Cebrail (Gabriel) brachte daraufhin eine dunkle Wolke an den Rand der Stadt. Die Ungläubigen rannten dorthin, weil sie dachten, dass es dort kühler sei. ’So sehr, wie ihr euren Propheten geleugnet habt, so sehr sollt ihr auch seine Qualen spüren. Nun seht zu, ob euch eure Götzenbilder, vor denen ihr niederkniet, helfen werden’, sagte Cebrail, und nach einem Ausruf von ihm regnete auf die Ungläubigen Feuer und Funken nieder.“

Aber auch das Blutbad von Beslan war ein großes Thema in der Türkiye. „In Russland ist ein zweiter 11. September passiert“, schrieb ein anderer Kolumnist, mit den gleichen Folgen für die Sache der Tschetschenen und ihre Religion – wie damals für Menschen muslimischen Glaubens.

Suzan Gülfirat

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