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Streikende Pflegekräfte der Charité.

© dpa

Uniklinikum: Streik an Charité vorerst beendet

Die Charité hat ihren streikenden Pflegekräften nach 14-stündigen Gesprächen ein Angebot gemacht, das offenbar Bewegung bringt. Die Arbeit wird wieder aufgenommen – mit einer Ausnahme.

Der Streik an der Charité ist vorerst ausgesetzt. Die Universitätsklinik hat Pflegekräften und Technikern nach 14-stündigen Gesprächen am Freitagmorgen ein Angebot gemacht, das die Gewerkschaft Verdi als „ernstzunehmend“ bezeichnete. Konkret werden den 10 000 nichtärztlichen Beschäftigten bis 2012 insgesamt 200 Euro mehr pro Monat geboten, bis 2014 soll eine prozentuale Steigerung hinzukommen, so dass ab dann der bundesweit übliche Tarif gezahlt wird. Dies entspräche der Verdi-Forderung nach einem 300-Euro-Plus: Noch bekommt eine Charité-Vollzeit-Schwester nach zehn Dienstjahren mit Nachtschichtzulagen weniger als 2500 Euro brutto im Monat. „Die Charité geht damit zwar an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, versteht dies aber auch als gute Investition in die Zukunft der Belegschaft“, sagte Klinikdirektor Matthias Scheller. Die Entscheidung drängte, denn wegen des Streiks war es zu erheblichen Engpässen gekommen. Ab Montag soll nun der Regulärbetrieb aufgenommen werden.

„Der Streik ist zwar vorerst beendet, wir haben aber keinen Tarifvertrag unterzeichnet“, sagte Streikleiter Carsten Becker. Die Klinik müsse etwa noch bei der Zeitspanne entgegenkommen. Laut Streikleitung waren zuletzt 1000 der 3200 Krankenbetten nicht belegt, 2000 der 10 000 nichtärztlichen Beschäftigten beteiligten sich am Ausstand. Jährlich werden in der Charité 130 000 Patienten stationär versorgt. In dieser Woche brachten Rettungsdienste ihre Patienten in andere Kliniken der Stadt. Pro Streiktag gingen der Charité bis zu einer Million Euro verloren, weil Krankenkassen für ausgefallene Behandlungen nicht zahlen.

Deutlich wurde bei Streikversammlungen am Freitag, dass nicht alle mit einem Aussetzen des Arbeitskampfes zufrieden sind. Ohne durch die eigene Satzung dazu verpflichtet zu sein, hatte die Verdi-Tarifkommission die Streikenden abstimmen lassen, ob Verhandlungen aufgenommen werden sollen. Streitpunkt unter den Gewerkschaftsmitgliedern ist, dass die Klinikleitung kein Angebot für die Krankenhaustochter „Charité Facility Management“ (CFM) gemacht hat. Deren 2500 Beschäftigte haben keinen Tarifvertrag und werden schlechter bezahlt als im Stammhaus, einige erhalten 6,55 Euro brutto pro Stunde. Die CFM erledigt für die landeseigene Großklinik etwa Transporte und Wachschutz. „Wir sind doch eine gemeinsame Charité“, empörte sich ein Arbeiter im Blaumann auf einer Versammlung vor dem Bettenhochhaus in Mitte. Die Verdi-Verhandler mussten sich von ihrer Basis einiges anhören: In der Luft lag der Vorwurf, die Gewerkschaft nutze die erfolgreiche Mobilisierung der Pfleger nicht für einen Solidaritätsstreik für die CFM-Kollegen.

Bei der Kliniktochter wird zwar weiter gestreikt, da Verdi dort aber nicht so gut organisiert ist wie im Stammhaus, ist ungewiss, wie der Arbeitskampf ausgehen wird. Außerdem seien CFM-Arbeiter durch Kündigungsdrohungen eingeschüchtert, hieß es. Eine CFM-Sprecherin bestritt dies, außerdem seien solche Löhne im Wachschutzgewerbe üblich.

Die Charité – und so das Land Berlin – hält 51 Prozent der CFM-Anteile. Berlins Vergabegesetz schreibt vor, dass öffentliche Aufträge nur an tarifgebundene Firmen vergeben werden dürfen oder aber dass der Mindeststundenlohn bei 7,50 Euro liegt. Das Gesetz wurde jedoch nach der Auftragsvergabe an die CFM verabschiedet. Verdi erhofft sich Druck des Senats auf die CFM. Allerdings war es Charité-Aufsichtsratsmitglied und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD), der die verschuldete Klinik auf einen harten Sparkurs verpflichtet hatte. Die Debatte, aus der Charité eine entsprechend finanzierte Bundeseinrichtung zu machen, begrüßten die Streikenden.

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