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Berlin: Universität ehrt einen kritischen Gasthörer Tagesspiegel-AutorUweSchlicht erhält den Ehrendoktor der FU

Vor 45 Jahren betrat Uwe Schlicht erstmals den Campus der Freien Universität in Dahlem. Ein Berliner Junge von 19 Jahren war er damals, das Abi-Zeugnis des Lilienthal-Gymnasiums frisch in der Tasche.

Vor 45 Jahren betrat Uwe Schlicht erstmals den Campus der Freien Universität in Dahlem. Ein Berliner Junge von 19 Jahren war er damals, das Abi-Zeugnis des Lilienthal-Gymnasiums frisch in der Tasche. Mit dem Bildungshunger eines Kriegskindes begann er ein Studium der Rechtswissenschaften, der Philosophie, Publizistik und Geschichte. Gestern, nach umgerechnet 90 Semestern Studium, kritischer Gasthörerschaft und auch Lehre, wurde ihm gestern die Ehrendoktorwürde der Philosophie verliehen. Sie gilt dem Journalisten Uwe Schlicht, der seit mehr als 40 Jahren für den Tagesspiegel über Bildungspolitik berichtet.

Verliehen wurde ihm der „Dr. h.c.“ vom Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie, in Anwesenheit der gesamten Universitätsleitung und ehemaliger Senatoren wie Manfred Erhardt und Dieter Heckelmann. Sich durch Schlichts Lebenswerk zu arbeiten, sei ein „historisches Abenteuer“, sagte der Bildungsforscher und FU-Vizepräsident Dieter Lenzen im Henry-Ford-Bau in seiner Laudatio. Rund 5000 Artikel über Schul- und Hochschulpolitik, Wissenschaft und Jugendforschung und drei gewichtige Bücher hat Schlicht verfasst, seit er 1962 sein Studium an der FU beendete und als Reporter zum Tagesspiegel ging. Die Vereinsamung ausländischer Studenten, der Beginn der Jugendproteste, das Porträt eines Halbstarken, der mit seiner Motorradbande die Stadt terrorisierte – Uwe Schlicht brachte den Tagesspiegel-Lesern die Probleme seiner Generation nahe. Und der Redakteur blieb seiner Universität treu – wenn auch als zunehmend kritischer Beobachter. Die 68er-Generation brach mit der nationalsozialistischen Ideologie ihrer Elternhäuser – und wandte sich der Ideologie des Marxismus zu. Das habe er nie verstanden, bekannte Uwe Schlicht in seiner Dankesrede. Vor 30 Jahren wäre eine Ehrung Schlichts an der FU undenkbar gewesen, sagte Präsident Peter Gaethgens. Doch mit seiner kritischen Feder habe er „sachlich, aber ohne Rücksichtsnahme“ alles aufs Korn genommen, was an der FU falsch lief – und ihr damit „auf die Sprünge geholfen“.

Und was machte Schlicht, wenn er nicht über „seine“ Uni schrieb? Er widmete sich allen Feldern der Bildungspolitik. So verfolgte er nach 1989 die Reformen in den neuen Bundesländern – von den Hochschulen bis zu den Kindertagesstätten. Er wurde ein gefragter Kenner der deutschen Hochschulpolitik im In- und Ausland. Dem Tagesspiegel blieb Schlicht, der im April 2002 in den Ruhestand ging, als freier Mitarbeiter erhalten.

Und auch an der FU wird Dr. Uwe Schlicht weiter unterwegs sein: Um der Hochschulmedizin bei ihrer Fusion mit der Charité den Puls zu fühlen.

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