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Seit die Verschiebung der BER-Eröffnung Anfang Mai verkündet wurde, kommt immer mehr ans Tageslicht, was bisher alles falsch gelaufen ist.

© dapd

Unklarheiten zum Flughafen: BER-Debakel: Angst vor der Kettenreaktion

Bei Verkabelung der Brandschutzanlage drohen neue Probleme. Die Opposition kritisiert das Verhalten des Aufsichtsrates beim Schallschutz.

Teurer und vielleicht noch später: Die Sitzung des BER-Aufsichtsrates hat nicht nur Klarheiten gebracht, sondern erneut viele Unklarheiten.

Brandschutzproblem

Die Entrauchungsanlage macht weiter Sorgen. Dabei ist vor allem die Verkabelung das entscheidende Problem. Denn die dafür vorgesehenen Trassen in den Decken des Fluggast-Terminals sind möglicherweise zu klein und halten das Gewicht nicht aus. Außerdem gibt es eventuell Kollisionen mit anderen Schächten, Lüftungskanälen und Sprinkleranlagen. Möglicherweise müssen Zwischendecken deshalb wieder rausgerissen werden. Es könnte zu Kettenreaktionen kommen: Wenn ein Schacht versetzt, vergrößert oder verändert werden muss, betrifft das auch die anderen. Das würde den Zeit- und wohl auch den Kostenplan erneut erheblich durcheinanderbringen.

Darüber hinaus hat es im Frühjahr Probleme mit den Brandschutzklappen gegeben, die verhindern sollen, dass Rauch von einem Gebäudeteil in den nächsten gelangt. Diese waren bis kurz vor der ursprünglich geplanten Eröffnung am 3. Juni noch nicht zertifiziert. Deshalb gab es im Frühjahr sogar einen Baustopp. Mittlerweile liegt die „Zustimmung im Einzelfall“ des Landesamtes für Bau und Verkehr in Cottbus aber nach Aussage von Flughafen-Sprecher Ralf Kunkel vor. Damit können die bereits verbauten Anlagen drin bleiben.

Fehler ausbügeln: Flughafenchef Schwarz mit Chefplaner Amann.
Fehler ausbügeln: Flughafenchef Schwarz mit Chefplaner Amann.

© dpa

Eröffnungstermin

Aufsichtsratschef Klaus Wowereit (SPD) hat den Termin nach der Sitzung selbst infrage gestellt. Hinter vorgehaltener Hand geben sich die Verantwortlichen in der Flughafengesellschaft und im Aufsichtsrat deutlich optimistischer. Dennoch: Wenn es bei den Brandschutzanlagen weiter Schwierigkeiten gibt und sich die Verkabelung als problematischer und zeitaufwendiger erweist, wird der Termin nicht zu halten sein. Nur will man diese Entscheidung dem neuen Technik-Geschäftsführer Horst Amann überlassen. Ohne die Zusage, dass er sich erst mal selbst ein Bild von der BER-Lage machen kann, hätte er den Job wohl nicht angenommen. Bei einer erneuten Terminverschiebung könnte sich Amann, bisher Chefplaner der Fraport AG in Frankfurt am Main, auf den Pfusch des Vorgängers berufen und Handlungsfähigkeit demonstrieren. In den kommenden Wochen soll ein Team von 40 bis 50 Leuten mehr als 25 000 Pläne kontrollieren, die für den Brandschutz relevant sind.

Der unfertige Flughafen - wie BER am Tag der offenen Tür aussah:

Schallschutz

Der Countdown für die Flughafengesellschaft läuft. Nach dem Ende der Anhörungsfrist am 2. Juli wird sie einen förmlichen Bescheid des Potsdamer Verkehrsministeriums erhalten. Danach gilt ab sofort bei der Bewilligung von Schallschutzmaßnahmen im Tagschutzgebiet, dass kein einziges Flugzeug die Gesprächslautstärke von 55 Dezibel in Wohnungen stören darf. Damit müssen die bisher erteilten 16 000 Bescheide für Fluglärm-Betroffene neu berechnet werden. Besitzer von rund zehntausend Wohnungen hätten Anspruch auf Entschädigungen. Dass die Flughafengesellschaft dennoch versuchen soll, den im Planfeststellungsbeschluss fixierten Lärmschutz mit Zustimmung des Aufsichtsrates juristisch zu verhindern, halten Betroffene für einen Skandal. Flughafenkritiker Ferdi Breidbach nennt es den „Stil einer Bananenrepublik.“ Kritisch äußerte sich auch die Opposition im Landtag, nachdem Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) die Fraktionschefs am Sonnabend über die Aufsichtsratssitzung informiert hatte. Platzecks Versuch, die Flughafengesellschaft dazu zu bewegen, ihren Antrag auf Änderung des Planfeststellungsbeschlusses zugunsten eines Billig-Lärmschutzes zurückzuziehen, war am Widerstand von Bund und Berlin gescheitert.

Nicht nur BER startet verspätet. Internationale Pannen-Flughäfen:

Berliner Opposition

Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop findet es „erschreckend“, dass die Verantwortlichen für das BER-Debakel offenbar völlig den Überblick verloren haben. Spätestens Mitte August müsse es Klarheit geben, wann der Flughafen eröffnet werden könne. „Wenn das nicht passiert, wird es politisch eng für Wowereit.“ Pop erwartet, dass der Aufsichtsrat das Parlament „zeitnah“ informiert, statt sich „wegzuducken und weiter in der Blackbox Flughafen zu werkeln“. Dass der Flughafen gegen das jüngste Urteil des Oberverwaltungsgerichts über die Einhaltung des Schallschutzes vorgeht, findet Pop falsch. Das gehe zulasten der Bürger. Für Martin Delius, der für die Piraten den BER-Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus leiten soll, ist es „kein sauberes Vorgehen“, gegen das Schallschutz-Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vorzugehen. „Das Management hat bewusst gegen den Planfeststellungsbeschluss gehandelt.“ Piraten und Grüne fordern die Offenlegung der Controlling-Berichte. Die Akteneinsicht ausschließlich für die Abgeordneten sei eine „Transparenzfarce“. Delius sieht die „Deadline im August“ als „letzte Chance für Wowereit“. Der Regierende Bürgermeister hätte bereits im Mai die Chance gehabt, alles offenzulegen. Stattdessen habe er einen neuen Eröffnungstermin proklamiert, der offensichtlich nicht abgestimmt gewesen sei.

Flughafenchef Rainer Schwarz

Nur einer schweigt: der umstrittene Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Rainer Schwarz. Es sei nicht zu erklären, wie ohne Beteiligung des Topmanagements eine „Kette von Fehlern“ habe entstehen können, sagt der Piraten-Abgeordnete Delius. Auch für Ramona Pop steht die „Position von Schwarz sehr infrage“. CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friederici findet die „Art und Weise, wie Herr Schwarz in der Öffentlichkeit mit dem BER-Desaster umgeht, sehr problematisch“. Schwarz müsse von sich aus Problemlagen vermitteln und informieren. In Koalitionskreisen wachsen die Zweifel, ob Schwarz bei der BER-Eröffnung noch Flughafenchef sein werde.

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