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Berlin: Unterirdisch gut

Hans-Peter Kögeböhn ist erfolgreich mit dem Kinzo-Club in einem Keller in Mitte

Hans-Peter Kögeböhn im Partygewimmel auszumachen ist nicht schwer. Der schlanke 28-Jährige trägt einen großen schwarzen Wuschelkopf, ähnlich den Frisuren der Jackson Five in den siebziger Jahren. Wie ein wackelnder Pilz erhebt sich sein Kopf über die Häupter derMasse. Kögeböhn ist der neue Star der Berliner Party-Szene. Er ist in seinen eigenen Worten „der Club-Chef“ des Kinzo – einer der momentan beliebtesten Zufluchtsstätten für Berliner Nachtschwärmer. Drei Tage pro Woche öffnet der Kellerclub gegenüber der Marienkirche, und Kögeböhn wacht mittendrin über einen reibungslosen Ablauf.

Ganz neu ist das Kinzo streng genommen nicht. Bereits vor drei Jahren firmierte unter dem Namen eine kleine illegale Partyreihe an der Linienstraße – eine ebenso unterirdische Angelegenheit wie der jetzige Standort unter dem Mc-Donalds-Laden. Kögeböhn organisierte mit vier befreundeten Architekten elektronische Musikabende, vor einem Jahr beschloss das Kollektiv einen legalen Platz zu bespielen – und der gebürtige Hamburger gab nur zu gerne seine bisherige Stelle als Krankenpfleger auf.

Das Kinzo musste sich nun öffnen – allein aus wirtschaftlichen Gründen. Vorbei waren die Zeiten, in denen man sich nicht um Auflagen der Ämter kümmern musste. Der Club ging Kompromisse ein, vermietete an Fremdveranstalter und wurde manches Mal enttäuscht. „Wir setzen uns hohe musikalische Standards, die nicht auf allen Veranstaltungen durchzusetzen sind“, sagt der Chef. Im Klartext: Nicht jede Nacht besticht durch ausgesucht feine House- und Elektro-Titel.

Trotzdem: Dem Zuspruch tut das keinen Abbruch. Am Wochenende ist es rappelvoll: Adressen werden getauscht, Schweißbänder fliegen durch die schwere Luft. Szenegrößen gaben sich bereits die Ehre. Der Wiener Elektro-Chansonier Louie Austen hat hier Lieder geschmettert, das Berliner Kollektiv Jazzanova Platten aufgelegt, und die New Yorker DJ-Crew von A Touch Of Class feierte ihren Berliner Einstand im Kinzo.

Auf Größe kommt es dem fünfköpfigen Veranstalter-Team dabei nicht an. Der Club kann bis zu 400 Menschen fassen – für einen Partyraum dieses Renommees verhältnismäßig wenig. Dadurch bleibt der selbst auferlegte Wohnzimmer-Anspruch erhalten, fühlt sich der Besucher nie in einem Riesenclub, sondern einem hübsch verwinkelten Party-Ambiente. Es gibt einen Hauptraum mit Bar, eine Lounge, einen optional zu öffnenden zweiten Dancefloor und einen langen Gang hinunter in den Mitte-Treffpunkt für Design-Liebhaber.

Wer nicht tanzen mag, kann in einer Ecke kickern oder genießt auf den Kissen den speziellen Kinzo Cooler – ein Mixgetränk. „Früher war auch Korn drin“, sagt Kögeböhn, „aber das hat die meisten abgeschreckt. Die dachten: Was für ein Schädelspalter!“ Der Drink schmeckt erfrischend bitter und wurde in einer Testnacht entwickelt, als Kögeböhn mit vier Freunden 15 Cocktails in einer Bar durchprobierte.

Die Aspirin am nächsten Morgen gehören dazu, wenn guter Geschmack als oberstes Gebot gilt. Kögeböhn selbst gründete die Homophobia-Clubreihe, um die in der Stadt langsam erlahmende schwule Ausgehszene anzukurbeln. Auf der jeden letzten Freitag im Monat stattfindenden Party treten Underground-Musiker auf, spielen DJs ruppigen Elektro und ziehen ein dankbares Publikum an. „Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem Kinzo“, resümiert Kögeböhn, „aber eine Gelddruckmaschine ist der Club nicht“.

Kinzo, Karl-Liebknecht-Str. 11, Programm siehe unter www.kinzo-berlin.de

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