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Ein Schild zeigt an, wo eine Unterkunft für Flüchtlinge entsteht.

© dpa

Unterkünfte für Flüchtlinge in Berlin werden knapp: Senat plant weitere Containerdörfer

Die Bezirke fühlen sich vom Senat alleingelassen. Noch im Dezember sollen neue Flüchtlinge aufgenommen werden - so viele wie noch nie in diesem Jahr. 2015 sind weitere Containerdörfer in vier Stadtteilen geplant. Lesen Sie hier mehr über die Lage in den Bezirken.

Es wird schon wieder knapp mit den Flüchtlingsunterkünften des Senats. Vom 1. bis zum 17. Dezember mussten 1236 Asylbewerber aufgenommen werden, so viele kamen noch nie in diesem Jahr. Vor allem die Zahl der Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien und der Roma-Familien aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina ist bundesweit sprunghaft gestiegen, weil sich herumgesprochen hat, dass die westlichen Balkan-Staaten zum 1. Januar 2015 als „sichere Herkunftsländer“ eingestuft werden. Damit sinken die Chancen auf ein erfolgreiches Asylverfahren.

Protesten aus dem Weg gehen

Die zuletzt eingerichteten Notunterkünfte – eine Turnhalle der TU und die zwei Traglufthallen in Moabit – seien bis auf wenige Restplätze besetzt, erklärte das Landesamt für Soziales (Lageso). Jetzt hofft das Lageso, das „Containerdorf“ in Köpenick mit 400 Plätzen noch vor Weihnachten in Betrieb nehmen zu können. Die Zeitplanung ist knapp, weil die technischen Anlagen, besonders zum Brandschutz, noch geprüft und abgenommen werden müssen.

Eigentlich sollte die provisorische Flüchtlingsunterkunft in Gatow zum Jahresende geschlossen werden, doch wegen der hohen Flüchtlingszahlen steht diese Planung infrage. Der Spandauer SPD-Bundestagsabgeordnete Swen Schulz warf Sozialsenator Mario Czaja (CDU) vor, den Anwohnern nicht klar zu sagen, dass das Heim weiter gebraucht werde. Czaja wolle möglichen Protesten aus dem Weg gehen. Er habe mehrere Schließungstermine angekündigt und dann doch verstreichen lassen.

Kosten: 43 Millionen Euro

Im nächsten Jahr sollen insgesamt sechs Containerdörfer in Köpenick, Steglitz-Zehlendorf, Marzahn und Pankow mit rund 2500 Plätzen entstehen. Kosten: 43 Millionen Euro. An der geheimen Auswahl und vertraglichen Sicherung dieser Standorte hatte es in den Bezirken heftige Kritik gegeben. „Das Land trifft eine Entscheidung, ich geh’ dann dafür ins Feuer“, ärgert sich Oliver Igel (SPD), Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick.

Auch der neu gegründete „Beirat für Zusammenhalt“ übt Kritik. Zum Beirat gehören der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Ex-Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD). Das Land dürfe „nicht wieder in eine Situation geraten, in der unter Zeitdruck und damit notwendig auch ohne die im Normalfall wünschenswerte sorgfältige Information und Abstimmung mit den Menschen in der Nachbarschaft Wohnheime geschaffen werden müssen.“

Die meisten Immobilien sind ungeeignet

Der Beirat empfiehlt, am geplanten Containerstandort Karower Chaussee in Buch eine Polizeiwache einzurichten. Die nächstgelegene Wache sei mehr als zwölf Kilometer entfernt. Zu weit, um die Asylbewerber und ihre Nachbarn vor möglichen Attacken von Neonazis zu schützen, sagte ein Sprecher. Czaja werde sich in dieser Angelegenheit an den Innensenator wenden, hieß es.

Offenen Protest gegen die Containerdörfer gibt es bislang eher im Osten der Stadt. In Marzahn gehen regelmäßig Demonstranten auf die Straße, in Buch haben rund 3000 Menschen eine Online-Petition unterzeichnet.

PLATZ FÜR FLÜCHTLINGE

Der Liegenschaftsfonds hat nach eigenen Angaben dem Lageso 58 Grundstücke und Immobilien „zur Unterbringung von Flüchtlingen sowie der Kältehilfe zur Verfügung gestellt.“ Auch die BSR und BVG boten Liegenschaften an, doch die meisten davon erwiesen sich als ungeeignet: zu abgelegen, keine Schule in der Nähe, in einem Bezirk gelegen, der sein Aufnahmesoll schon übererfüllt hat.

Nach Darstellung der Senatsverwaltung für Soziales hätten insgesamt 20 unbebaute Grundstücke als mögliche Standorte für ein Containerdorf zur Auswahl gestanden.

INFORMATION VOR ORT

Ausgesucht wurden schließlich in einer internen Arbeitsgruppe des Lageso sechs Standorte für die Containerdörfer. Die Grundstücke wurden angemietet und anschließend den Bezirken mitgeteilt. Das geschah innerhalb weniger Tage Mitte Oktober. „Man kann das vorher nicht diskutieren“, sagt Regina Kneiding, Sprecherin der Sozialverwaltung. Das wird auch vom „Beirat für Zusammenhalt“ so gesehen. Dennoch votiert der Beirat dafür, nach der Entscheidung für einen Standort intensiver als bisher mit der Bevölkerung vor Ort zu sprechen und auf die Baustelle einzuladen.

ZU VIELE CONTAINER

In Lichterfelde sollen gleich zwei Containerdörfer entstehen, am Ostpreußendamm 108 und am Osteweg 53. Beides waren mal Schulstandorte. Am Osteweg sollten eigentlich Wohnungen entstehen, doch daraus wird vorerst nichts. Die „Konzentration“ von bald 1000 Flüchtlingen in dem Stadtteil hält Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) für ungünstig. Doch der Bezirk sei bei der Entscheidung nicht einbezogen worden. Alle Liegenschaften, die nicht einem bestimmten Zweck dienen, mussten bisher an den Liegenschaftsfonds abgetreten werden. Der gehört zur Finanzverwaltung.

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