zum Hauptinhalt

Berlin: Untermieterin Jodie Foster

Bei Familie Theurer wird der neue Thriller mit der Oscar-Preisträgerin gedreht. Vater, Mutter, Kinder sind vorübergehend ins Hotel gezogen

Gewisse Spielregeln sind nun mal einzuhalten, gerade im Kinderzimmer. Also möge kommen, wer da wolle, sei es aus Babelsberg oder aus Hollywood – es gilt ein striktes Gebot: „Klobven“. Jakob, gerade acht geworden und noch etwas textunsicher, hat auf dem Zettel an seiner Zimmertür unmissverständlich klargemacht, wer hier noch immer das Sagen hat. Jemand muss Jodie Foster die Aufforderung zum Anklopfen nur noch übersetzen, und sie wird sich dann gewiss daran halten – wenngleich Jakobs kleines Reich komplett leer geräumt ist.

Leer ist auch das Zimmer seiner fünfjährigen Schwester Theresa, dessen Decke nun neu gemalte wuschelige Wolken zieren. Leer sind das Wohnzimmer, das Schlafzimmer, fast die ganzen 230 Quadratmeter der Altbauwohnung in der Charlottenburger Mommsenstraße, die der Bildhauer Andreas Theurer, seine Frau Aletta und die beiden Kinder bewohnen. Nur in der Küche sind einige Möbel und sonstiger Krimskrams zusammengerückt, auch das Aquarium steht hier. Die Meerschweinchen dagegen haben Asyl bei Nachbarn gefunden. So ist das eben, wenn Hollywood zu Besuch kommt und die Wohnung zum Drehort wird.

Seit Anfang der Woche dreht die zweifache Oscar-Preisträgerin Jodie Foster in Berlin – letzte Aufnahmen zu dem US-Thriller „Flightplan“, unter anderem produziert vom Disney-Ableger Touchstone. Szenen, die in dem Film aber ganz am Anfang auftauchen werden. Jodie Foster spielt die Amerikanerin Kyle Pratt, die lange in Berlin gelebt hat und nach dem Tod ihres Mannes mit der sechsjährigen Tochter nach Amerika zurückkehrt. Auf dem Flug verschwindet das Mädchen auf mysteriöse Weise. Kyle Pratt hat eine Zeit lang geschlafen, danach ist die Tochter weg, und niemand will sie gesehen haben.

Am Montag und Dienstag wurde unter großem technischen Aufwand, inklusive Schneekanonen, in der Pariser Straße gedreht. Dort haben die Babelsberger Location Scouts den Eingang des Hauses gefunden, in dem Jodie Foster im Film wohnen und das sie Richtung Amerika verlassen wird. Die Innenaufnahmen werden in wenigen Tagen in der Mommsenstraße gedreht, dazwischen liegen am Donnerstag Dreharbeiten in einem Hinterhof in der Willibald-Alexis-Straße Ecke Kloedenstraße in Kreuzberg. Heute hat das Team zu einem Drehortbesuch ins Oskar-Helene-Heim eingeladen.

Dass Kyle/Jodie in Charlottenburg wohnt, ist reiner Zufall, dem die Babelsberger Drehort-Detektive auf die Sprünge zu helfen wussten. Einer tauchte im Spätsommer in der Boutique in der Bleibtreustraße auf, in der Aletta Theurer arbeitet. Über dem Laden stehe doch eine Wohnung leer, ob man darüber Näheres wisse. Aletta Theurer konnte zwar nicht weiterhelfen, aber man kam ins Gespräch. Eine große Altbauwohnung sei gesucht, richtig klassisch mit viel Stuck und Berliner Zimmer? Mit schönem Treppenhaus, altem Fahrstuhl? Nun, in genau solch einer Wohnung wohnte sie und lud den schnell interessierten Studio-Mitarbeiter ein vorbeizuschauen, ihr Mann sei zu Hause. Wenig später standen drei Leute vor der Tür, und am frühen Abend rauschte gleich die ganze Hollywood-Delegation ein, rund 20 Leute, die sich alles genau ansahen.

Dann geschah erst mal nichts, die Nachfrage im Studio Babelsberg, das bei dem Projekt assistiert, ergab immerhin, dass die Wohnung der Favorit sei. Wieder war einen Monat Ruhe, dann plötzlich der Anruf: Hollywood kommt. Mittlerweile hatten die Theurers auch erfahren, wer in dem unter der Regie des Deutschen Robert Schwentke entstehenden Film der Star ist – was sie in ihrer Bereitschaft, sich auf dieses Abenteuer einzulassen, nur bestärkte. Wer hat schon eine Jodie Foster zu Besuch, auch wenn dieser in einem „Motivvertrag“ geregelt ist. Wie hoch der dotiert ist? Nun, das ist Privatsache.

Was die Theurers genau erwartete – kompletter Auszug samt Mobiliar für gut zwei Wochen, Wohnen im Hotel –, war ihnen anfangs nicht klar. Auch musste die Zustimmung des Vermieters eingeholt und bei den anderen Hausbewohnern um Nachsicht geworben werden, was aber unproblematisch war, zumal auch andere Mieter für bestimmte Kameraeinstellungen Motivverträge erhielten. Auch bei den Dreharbeiten zuzusehen, ist den Theurers möglich, es bleibt ja ihre Wohnung. Jakob kann dann gleich prüfen, ob sich Jodie an die Regeln hält: „Klobven“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false