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Berlin: Unterricht im Untergrund: Fahr mal wieder U-Bahn: Schüler stellen aus

U-Bahn-Fahrgäste kennen die Situation: Gelangweilte Blicke treffen sich, keiner will die Person gegenüber wirklich wahrhaben. Viele sitzen gedankenversunken oder lesen lieber eifrig in der Zeitung, um die Umgebung zu vergessen.

U-Bahn-Fahrgäste kennen die Situation: Gelangweilte Blicke treffen sich, keiner will die Person gegenüber wirklich wahrhaben. Viele sitzen gedankenversunken oder lesen lieber eifrig in der Zeitung, um die Umgebung zu vergessen.

Schüler der achten Klasse des Neuköllner Albert-Einstein-Gymnasiums versuchten sich vorzustellen, was die Menschen in der U-Bahn tatsächlich denken und fühlen. Während des Kunstunterrichts stiegen sie in den Untergrund und sammelten dort Eindrücke. Ausgerüstet mit Skizzenblock, Stift und Fotoapparat beobachteten die insgesamt 31 Schüler an mehreren Tagen die anonyme Großstadt im U-Bahn-Format. An mehreren Tagen skizzierten sie von außen Leute in den Waggons. Zudem wurde die Atmosphäre im Klassenraum nachgespielt: "Wir haben uns so hingesetzt wie die Menschen auf den Skizzen. Dazu liefen U-Bahn-Geräusche vom Band.", erzählt Alvanessa. "Es war eine Gedankenreise im Unterricht", sagt Kunstlehrerin Katrin Hofmann-Thiede.

Aus allen Ergebnissen formten die Schüler sitzende Figuren aus Ton, die in gebastelten Pappkulissen sitzen - den U-Bahn-Abteilen. Dabei sind die Wagen vielfältig gestaltet: mit bekritzelten Scheiben, originellen Werbetafeln, den Lederriemen aus Alufolie und einer gar mit Beleuchtung.

Für Hofmann-Thiede haben sich die Erwartungen erfüllt: "Die Schüler lernten, alltägliche Vorgänge anders zu sehen und gründlich zu beobachten." Die jungen Künstler seien mit Begeisterung dabei gewesen, alle hätten ihr "Abteil" abgeliefert. Eine Anregung für die Arbeiten war vorgegeben: die Werke des verstorbenen Künstlers George Segal. Auch dieser formte die anonyme Großstadt und ihre Menschen in Installationen. Die Schüler bauten letztendlich ähnliche Dinge im Miniaturformat.

Dort fährt Margot zur Trauerfeier ihres Mannes. Sie sitzt traurig in sich versunken auf der Bank ihres Karton-Abteils. Die Blumen hält sie wie etwas Fremdes, ihr Blick richtet sich ins Leere. Neben ihr Jürgen Meier, der "von einem Vorstellungsgespräch enttäuscht nach Hause fährt." Seine Hände sind ineinander gefaltet, er schaut resigniert. Seinen Koffer hat er ein Stück weit abgerückt. Darinnen wohl seine Zeugnisse, die nicht für den Job gereicht haben. Vor den Figuren steht auf Zetteln jeweils eine Geschichte. "Die haben wir uns aber nur ausgedacht, befragt wurde keiner", sagt Svenja. Sie bastelte dieses Abteil. Stolz steht sie mit den anderen vor den im U-Bahnhof Alexanderplatz ausgestellten Arbeiten. Spaßhaft forderten sie: "Theoretisch müssten wir alle eine Eins kriegen. Schließlich ist es ja ausgestellt."

krau

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