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Berlin: Urteil im Fleischklopfer-Prozess: Neun Jahre Haft für die Ehefrau

Die 63-jährige Gisela K. quälte ihren Mann zu Tode – im Gerichtssaal saß sie ganz in Schwarz

Es war ein Teufelskreis. Je mehr der Mann ertrug, desto heftiger wurden die Demütigungen und Schläge seiner Ehefrau. „Die Grenze war erst mit dem Tod erreicht“, hieß es gestern im Urteil gegen Gisela K. Die Hausfrau und zweifache Mutter hat ihren zwei Jahre älteren Mann mit einem metallenen Fleischklopfer und einem heißen Bügeleisen zu Tode gequält. Das Landgericht verurteilte die 63-Jährige gestern zu neun Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge.

Wieder saß Gisela K. ganz in Schwarz und schluchzend im Gerichtssaal. Es war genau 43 Jahre her, dass sie ganz in Weiß mit Klaus K. den Bund der Ehe eingegangen war. „Der Mann konnte ihre Wünsche nicht erfüllen“, sagte die Vorsitzende Richterin. Der introvertierte Klaus K. habe sich immer mehr zurückgezogen. Er habe sich nie gewehrt, habe auch nicht die beiden Kinder in Schutz genommen, wenn sie wegen Kleinigkeiten von der Mutter hart bestraft wurden. Klaus und Gisela K. suchten vor vielen Jahren nach einem Ausweg. Sie ließen sich scheiden, heirateten aber wieder. „Keine Seite fand eine Lebensalternative, Klaus K. fühlte sich wohl abhängig von seiner Frau.“ Nach Überzeugung der Richter wollte die Angeklagte ihren Mann demütigen, erniedrigen und quälen, aber nicht umbringen. Einen Vorsatz habe das Gericht bei der zunächst wegen grausamen Mordes angeklagten Witwe nicht feststellen können. Es habe kaum eine Fläche auf der Haut des Mannes gegeben, die nicht verletzt war. Doch Gisela K. habe den Fleischklopfer oder das Bügeleisen nicht mit letzter Kraft eingesetzt. „Nicht die Intensität der Schläge, sondern die Vielzahl, die Summe führte zum Tod.“

Der frühere Möbelpacker Klaus K. hat immer viel gearbeitet. Als er 1994 wegen einer Erkrankung Frührentner wurde, gab es diesen sicheren Ort für ihn nicht mehr. Er durfte nicht rauchen, bekam manchmal nur Wasser und Brot, war ständigen Schimpftiraden ausgesetzt. Gisela K. hielt sich für etwas Besseres. „Ich komme aus gutem Hause, er nicht“, hatte sie einmal bei der Polizei gesagt. Sie gab ihm kein Geld, schickte ihn sogar Betteln. In seiner Hilflosigkeit stahl er in Supermärkten Dinge des täglichen Bedarfs. Die Nachbarn sahen immer wieder Verletzungen in seinem Gesicht. Sie boten ihm Hilfe an. Auch sein 41-jähriger Sohn sagte: „Vater, du musst ihr Grenzen setzen.“ Doch der trotz seines Berufs eher schmächtige Klaus K. war dazu nicht in der Lage.

Die zunehmende Sprachlosigkeit in der Ehe habe die Angeklagte mit körperlicher Gewalt ausgeglichen, hieß es im Urteil. „Je mehr er erduldete, desto drastischer wurden die Maßnahmen seiner Frau, um ihn zu provozieren und zu verletzen.“ Er sei passiv geblieben. „Das ist keine Schuld, aber ist ein schrecklicher Beitrag gewesen.“

Was Auslöser der Eskalation am 8. Dezember letzten Jahres in der Wohnung an der Schöneberger Kleiststraße war, konnten die Richter nicht aufklären. Gisela K. hatte im Prozess die Aussage verweigert und lediglich beteuert: „Ich bin nicht schuld am Tod meines Mannes.“ Früher hatte sie erklärt, Klaus K. habe sich die Verletzungen selbst zugefügt. Das aber schloss das Gericht aus. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von 14 Jahren wegen Totschlags gegen Gisela K. verlangt, die Verteidigung eine Bewährungsstrafe.

Kerstin Gehrke

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