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US-Botschafter Philip D. Murphy.

© dpa

Vorfall am Stadion: US-Botschafter klagt über rassistische Hertha-Fans

Beim Bundesligaspiel von Hertha BSC am 26. August gegen den VfB Stuttgart soll US-Botschafter Murphy zufolge einer seiner Mitarbeiter rassistisch beleidigt worden sein. Die Hertha-Verantwortlichen reagieren irritiert.

Eigentlich können Hertha BSC und Philip D. Murphy gut miteinander. Der Botschafter der Vereinigten Staaten ist ein Fan des Vereins, mit seiner Familie zeigt er sich gerne in Trikots des Bundesliga-Aufsteigers (siehe Bild unten) und hat guten Kontakt zur Vereinsführung. Aber am Donnerstag überraschte der ranghöchste Vertreter der USA in Deutschland den Berliner Verein mit einem harschen Vorwurf.

Ein afroamerikanischer Mitarbeiter der Botschaft, so schreibt Murphy in einem umfangreichen Beitrag für die "Berliner Morgenpost", sei beim Besuch des Heimspiels am 26. August mit Freunden nach dem Spiel beim Verlassen des Stadions von zwei Männern angepöbelt worden. "Einer rempelte ihn an, der andere begoss ihn mit Bier und beschimpfte ihn mit rassistischen Beleidigungen." Kurz darauf war die Polizei da und "stellte die Rowdys", schreibt Murphy. Und nimmt das zum Anlass für einen allgemeinen Exkurs über den Rassismus, der "ein Problem unserer Zeit" bleibe.

Der Beitrag des Botschafters provozierte irritierte Reaktionen. Zum einen bei Hertha. Dort ist zwar bekannt, dass es nach dem Spiel eine Auseinandersetzung zwischen Zuschauern gab, wie Vereinssprecher Peter Bohmbach sagt. Die sei aber nicht passiert, "als die Freunde das Stadion verließen", wie Murphy schreibt, sondern außerhalb auf dem Weg zur S-Bahn. Was genau passiert ist, vermag man bei Hertha daher nicht zu sagen. Bekannt ist dort nur, dass es eine Anzeige eines Mitarbeiters des US-Konsulats in Leipzig gab – gestellt einige Tage nach dem Spiel, sodass eine Rekonstruktion des Vorfalls dem Vereinssprecher zufolge mangels Zeugen nicht mehr möglich war. Die Berliner Polizei bestätigte, dass drei Tage nach dem Vorfall eine Anzeige erstattet wurde. Von Amts wegen wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet. Der Staatsschutz ermittelt. Fremdenfeindliche Vorfälle bei Hertha-Spielen gibt es laut Polizei "nur in seltenen Einzelfällen".

Lesen Sie auf Seite 2, wie Zeugen den Vorfall am 26. August erlebt haben.

Blau-weißer Familienblock. Das erste Foto in Berlin von Familie Murphy, mit Hund - und in Trikots von Hertha BSC.
Blau-weißer Familienblock. Das erste Foto in Berlin von Familie Murphy, mit Hund - und in Trikots von Hertha BSC.

© ddp

Der Vereinssprecher bezeichnet es als "ungewöhnlich", dass nicht gleich an Ort und Stelle eine Anzeige erstattet wurde, vor allem, da die Polizei laut Darstellung des US-Botschafters die Beteiligten "gestellt" hatte. Dass sein Verein jetzt zumindest indirekt mit einem möglicherweise rassistischen Angriff in Verbindung gebracht wird, verärgert Sprecher Bohmbach. "Es gab im Stadion in den vergangenen Jahren keinen einzigen derartigen Vorfall." Allerdings könne man bei 60 000 Menschen "auch nicht jeden bis zur S-Bahn-Station an die Hand nehmen".

Ein möglicher Widerspruch zur Schilderung des US-Botschafters ergibt sich aus Berichten von Augenzeugen, die dem Tagesspiegel schilderten, was sie am 26. August vor einem Imbiss auf dem Weg zum S-Bahnhof erlebt haben. An jenem Bierstand stehen vor und nach Abpfiff stets hunderte Fans dicht gedrängt; viele können sich an einen Streit erinnern. Es habe im Gedränge ein "kurzes Wortgefecht" zwischen einem Schwarzen und einigen anderen Männern gegeben, die früher zum Umfeld der rechten Hooliganszene gehörten. Was gesagt wurde, war nicht zu verstehen. Dann habe der Schwarze einem der Männer sein Bier ins Gesicht gekippt. Daraufhin seien stets anwesende Zivilpolizisten eingeschritten, die die Gruppe der Männer gezielt ansprachen und stoppten.

Andere Zeugen berichten, dass der Hertha-Fan - nachdem er einen halben Liter Bier ins Gesicht gespritzt bekam - auch sein Getränk dem wütenden US-Amerikaner ins Gesicht schüttete. Doch auch dieser wurde von Umstehenden zurückgehalten. Die US-Botschaft will sich zum Widerspruch nicht äußern.

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