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Update

Vandalismus, Müll, Drogenhandel: Neuer Park am Gleisdreieck verkommt

Vor drei Wochen wurde die neue Grünanlage am Gleisdreieck eröffnet. Die erste Bilanz: Scherben, Sprühdosen, Drogenhandel und Steinwürfe auf die ICE-Trasse. Liebe Leser, machen Sie mit und schicken Sie uns ihre Bilder.

Sondereinsatz im Park am Kreuzberger Gleisdreieck: Am Wochenende musste eine Putzkolonne von Grün Berlin nahe den Yorckbrücken 100 Wodkaflaschen und Berge von Feiermüll entsorgen, zwei Autoladungen voll. 300 Graffiti wurden von den Holzbänken entfernt. „Das haben wir kommen sehen. Seit zwei Jahren appellieren wir, dass so ein neuer Innenstadtpark dringend soziale Kontrolle durch viele Park-Guides braucht, Eingangstore und Toiletten“, sagt Christoph Schmidt, Geschäftsführer der Grün Berlin GmbH – die ist mit für den Park zuständig, bis auch das größere West-Teilstück in zwei Jahren fertiggebaut ist.

Am 4. September hat die Stadtentwicklungsverwaltung nun aber gerade den ersten östlichen Teilabschnitt des Themenparks auf dem früheren Gelände des Anhalter Bahnhofs eröffnet; 8,6 Millionen Euro hat der Park gekostet. Das teils wild belassene Grün mit alten Bahnanlagen, Essigbäumen und seltenen Echsenarten ist gut besucht am Wochenende, die Spielplätze, die Tischtennisplatten, die Rasenflächen, überall erholen sich die Städter.

Doch da wird, das berichten nicht nur Anwohner, auf Holzbänke uriniert und es werden Scherbenhaufen hinterlassen. Vandalen reißen Naturschutz-Schilder mitsamt Betonsockel aus dem Boden und versenken sie in einem Tümpel. Randalierer haben sogar ein großes Drainagerohr herausgerissen. Und auf den Trassen der Deutschen Bahn, wo die ICE-Züge und Regionalbahnen entlangfahren, werden Schottersteine gefunden, die aus dem Park stammen. Nachts bekomme man Drogen angeboten. Anwohner fürchten zudem, dass sich auch der Straßenstrich in den Park verlagern könnte.

Was Parkbetreuer ausrichten können, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Dabei wurde das von Landschaftsarchitekten gestaltete und vier Jahrzehnte lang von Bürgerinitiativen erkämpfte Grüngelände erst vor drei Wochen eröffnet. Kreuzbergs Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Bündnis 90/Die Grünen) verspricht Abhilfe. Noch in diesem Jahr sollen Parkbetreuer die Besucher schulen. Nahe der Hornstraße – im Südosten des Parks – und am Technikmuseum soll es Kiosk, Gastronomie und Toiletten geben. Schulz ist aber dagegen, den Park wie das Tempelhofer Feld nachts zuzuschließen. Die Nutzung sei ein Bürgerrecht.

„Das ist leider oft so in Berlin“, sagt einer der ehrenamtlichen Bahnfreunde vom Technikmuseum, der die Museumsgleise säubert. „Erst wird was bombig gebaut, aber dann nicht gepflegt.“ Das sei auch in anderen Grünanlagen so – zum Beispiel am Dörferblick-Berg in Rudow und an der Skater- und Radtrasse entlang der Stadtautobahn in Treptow. „Die Leute haben hier am Gleisdreieck sogar das rotweiße Andreaskreuz an der Bahntrasse abgeschraubt und neben die Gleise gestellt“, sagt Bahnpark-Helfer Ingo Hellwig. Als die Ehrenamtler die Brücke über der Yorckstraße reinigten, „haben wir 300 benutzte Farbsprühdosen gesammelt“. Hellwig hat schon Parkpläne ehrenamtlich laminiert,Pläne gebe es zu wenig.

„Das ist echt schade, der Park ist so weitläufig und toll“, sagt Stammgast Ilka Hennet, 38. Die dreifache Mutter ist froh, dass ihre Kinder „in dem Alter sind, in dem sie nicht mehr alles in den Mund nehmen“. Die dreijährige Teresa lässt da gerade einen Glassplitter fallen. Parkwächter sammeln mittlerweile sogar schon selbst Scherben ein – zur Gefahrenabwehr.

Offenbar toben sich nicht nur Jugendliche aus. Ortskundige berichten, der Vandalismus gehe quer durch die Gesellschaft. Da soll ein 68-jähriger Rentner mit Teerfarbe herumgeschmiert, ein Akademiker Zäune umgetreten haben. Solche Fälle würden der Polizei gemeldet, schon aus Versicherungsgründen für Grün Berlin. Im Internet werden schon Tipps gebloggt, wie man den Park retten kann: Wichtig seien eigene Wege für Skater, Radler und Fußgänger, die kamen sich schon in den ersten Tagen in die Quere. Außerdem sollen Müllcontainer und ein Hundeauslaufgebiet hinein. Und Zebrastreifen sollen zu den Eingängen führen.

Wenn Sie, liebe Leserinnen, liebe Leser, uns helfen wollen, den leider vorhersehbaren Verfall des neuen Parks zu dokumentieren (Schmierereien, Scherben, Müll, Hundekot), damit wir das Ordnungsamt damit konfrontieren können, dann schicken Sie Ihre Bilder per Mail an leserbilder@tagesspiegel.de.

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