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Königin der Kinder. Königin Silvia stellte ihre Stiftung schon in der Schwedischen Botschaft in Tiergarten vor. Foto: Gottschalk/ddp

© dapd

Berlin: Vater sein dagegen sehr

Mutter-Kind-Haus „Jörg Sommerlath“ bietet besondere Beratung für Männer Die Childhood Foundation von Königin Silvia finanziert das Projekt.

Die dreijährige Sarah-Sophie ist einfach „die Beste“, findet Detlef Neumann. Fünf Kinder hat er, aber keines sei so anhänglich wie seine Kleinste. Ein richtiges Vater-Kind. Vielleicht ist die Beziehung aber unter anderem auch so eng, weil ihm seit zwei Jahren der Sozialarbeiter Volker Michel mit Ratschlägen und Tipps bei jedem Problem zur Seite steht. Denn Volker Michel ist im Mutter-Kind-Haus „Jörg Sommerlath“ in Lichterfelde vom Träger Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) speziell für die Väter der Kinder da, die dort mit ihrer Mutter wohnen. Das innovative Angebot richtet sich nicht nur an leibliche Väter, sondern auch an neue Partner, die ihre Rolle als männliche Bezugsperson des Kindes ernst nehmen. Finanziell möglich macht das die 1999 von Königin Silvia von Schweden gestiftete Childhood Foundation.

Detlef Neumann, 45, und Sabine Lau, 29, die Eltern von Sarah-Sophie, sind inzwischen kein Paar mehr. Trotzdem ist der Papa drei, vier Mal pro Woche bei seiner Tochter. Entstanden ist die Idee zu diesem Väter-Partner-Projekt, als immer mehr Alleinerziehende den Wunsch äußerten, dass der Mann auch Verantwortung für den Nachwuchs übernimmt. Die Männer aber hätten häufig selbst Probleme, ihr eigenes Leben in geregelte Bahnen zu bringen, hat Mitarbeiterin Elke Hespelt beobachtet: „Viele haben psychische Probleme, sind arbeitslos oder werden schnell aggressiv.“ Oder fühlen sich einfach oft hilflos oder unsicher.

In Einzel- oder Paar-Gesprächen oder beim Ausfüllen von Anträgen hilft ihnen Volker Michel. Im vergangenen Jahr ist er mit Vätern und deren Kindern vier Tage verreist. Zudem wird auch Arbeit vermittelt: Müssen Wohnungen gestrichen werden oder steht ein Umzug an, werden diese Aufträge jetzt an Väter vergeben – von der Einrichtung gibts den Lohn, von den Partnerinnen die Anerkennung. Dank der professionellen Unterstützung finden die Männer zurück in ein geregeltes Leben, nebenbei können sie immer mehr Verantwortung für die Kinder übernehmen. Detlef Neumann ist mit der Unterstützung des Väter-Beauftragten fast schuldenfrei geworden. Gemeinsam haben sie Briefe an Ämter geschrieben, die Schuldnerberatung aufgesucht und die Privatinsolvenz beantragt. „Ich hätte gar nicht gewusst, wo ich dafür hingehen muss“, sagt Neumann. Jetzt führt er einen Haushaltsplan und hat auch am Ende des Monats noch ein wenig Geld übrig.

In dem Mutter-Kind-Haus wohnen insgesamt zwölf Mütter in Wohngruppen, weitere neun in betreuten Einzelwohnungen. Etwa anderthalb Jahre bleiben die Mütter hier, Sabine Lau zieht im August in eine eigene Wohnung um. Eingezogen sind die meisten, weil sie jung schwanger geworden sind, psychische Probleme haben oder es zwischen den Eltern Gewalt gab. Während sie in dem Haus wohnen, werden sie dabei unterstützt, mit Sohn oder Tochter kindgerecht umzugehen, gesund zu kochen und den Tag zu strukturieren. Für die Mütter sind rund um die Uhr Mitarbeiter da. Väter dürfen tagsüber zu Besuch kommen und können am Wochenende auch über Nacht bleiben.

Vor zwei Jahren kam die Zusage zur Finanzierung des Väter-Partner-Projekts von der Childhood Foundation. Das Jörg-Sommerlath-Haus ehrt den 2006 an Krebs verstorbenen Bruder der schwedischen Königin. Für das Haus, das es seit rund 50 Jahren gibt, ist das Projekt Neuland. Es handelt sich um ein für Berlin einzigartiges Angebot, heißt es bei der Senatsbildungsverwaltung. Dabei ist ein Ansprechpartner für Väter sehr wichtig, damit sie sich in den Alltag der Kinder integrieren können. „Väter fallen in solchen Einrichtungen oft hinten runter“, kritisiert Marc Schulte vom Väterzentrum Prenzlauer Berg.

Dennoch war Vater Detlef Neumann erst skeptisch, als der Mitarbeiter plötzlich beim Spielen mit den Kindern dabei war. „Ich dachte, er will mir zeigen, wie ich mein Kind zu erziehen habe“, sagt er. Dabei brauche er keine Hilfe mehr, findet der fünffache Vater und dreifache Opa. Dann hat er gemerkt, dass ihm Michel bei ganz anderen Problemen helfen kann. Auch, als er aus dem Männerwohnheim ausziehen wollte. Gemeinsam haben sie nach Wohnungen gesucht, seine jetzige in Reinickendorf hat er alleine gefunden. Sogar ein eigenes Kinderzimmer hat Sarah-Sophie bei ihm. Das Jugendamt hat sich auch schon angesehen, ob alles kindgerecht ist. „Die hatten nichts zu beanstanden“, erzählt er stolz. Alle 14 Tage darf die Zweijährige jetzt übers Wochenende zu ihm. Sabine Lau hat dann bis zum nächsten Montag „Mama-Frei“. „Wir sind zwar kein Paar mehr, aber als Mama und Papa ein gutes Team“, sagt er.

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