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Ausgeglüht. Sparsamere Technik und mildes Wetter lassen den Stromverbrauch in Berlin sinken.

© dpa

Vattenfall investiert - das Parlament plant die Energiewende: Berliner verbrauchen weniger Strom

Der Stromverbrauch sinkt - und Vattenfall investiert hunderte Millionen ins Stromnetz. Zugleich plant das Parlament mit Experten, wie die Energiewende funktionieren könnte. Sicher ist, dass sie erst mal teuer wird.

Kaum hatten alle Redner die konstruktive Arbeit gelobt, hätte fast wieder das übliche Gezänk angefangen. Es begann mit dem Bonmot von Harald Wolf (Linke): „Der intellektuelle Erkenntnisstand in der Enquêtekommission geht über die Gesetzeslage hinaus.“ Laut Gesetzeslage darf das vor rund einem Jahr gegründete Berliner Stadtwerk nur selbst produzierten Ökostrom vermarkten, also vorerst gar keinen. Und die Enquêtekommission ist – ebenso wie das Stadtwerk – im Gefolge des knapp gescheiterten Energie-Volksentscheides vom November 2013 etabliert worden, damit sich das Parlament mithilfe externer Fachleute über die langfristige Energiepolitik klar wird. Immerhin soll die Stadt in 35 Jahren klimaneutral sein. Dieses Ziel verträgt sich weder mit Ölheizungen noch mit Kohlekraftwerken oder mit dem heute üblichen Autoverkehr.

Nun also ist der Zwischenbericht der Enquêtekomission fast fertig. Wichtigste Botschaft: „Wir brauchen eine Politik der großen Schritte“, wie der Wissenschaftler Dieter Flämig sagte. So weit herrscht Konsens. Aber für große Schritte müssen große und teure Pakete geschnürt werden, wenn etwa die Sanierungsquote im Gebäudebestand als bisher größtem Energiefresser verdoppelt werden soll, wie CDU-Mann Michael Garmer als Beispiel nannte. Wenn die öffentliche Hand dabei Vorbild sein solle, müsse dafür auch Geld im nächsten Haushalt eingeplant werden. Diese Erkenntnis ist allerdings nicht wirklich neu. Neu wäre, wenn sich die Kommission bis zum Sommer auf konkrete und weitreichende Empfehlungen einigen könnte, die dann auch umgesetzt werden. „Insofern möchte ich jetzt noch nicht jubeln“, sagte der Grüne Michael Schäfer, der das Expertengremium maßgeblich initiiert hatte.

Sein SPD-Kollege Daniel Buchholz nannte als konkreten Erfolg, dass der Umweltsenator gerade eine Landesplanungskonferenz mit Brandenburg noch für 2015 avisiert habe. In der wollen die Berliner – als maßgebliche Stromimporteure – die Brandenburger von ihrer Braunkohlepolitik abbringen, die alle Klimaziele torpediert. Und passend zu Wolfs Spitze gegen das auf Betreiben der CDU zum Bonsai gestutzte Stadtwerk berichtete Buchholz von einer aktuellen Empfehlung des Umweltausschusses an den Hauptausschuss, wonach das Stadtwerk „ein früheres Marktangebot für Endkunden abgeben soll“. Im Klartext dürfte das heißen, dass das Stadtwerk auch Windräder und Solaranlagen kaufen dürfen soll, um endlich Ökostrom anbieten zu können. Da aus diesem Ökostrom verstärkt auch Wärme und Gas gewonnen werden sollen, ist nicht nur für den Linken Wolf klar, dass Berlin wieder Zugriff auf die Energienetze braucht.

Zu dieser Forderung gab es am Mittwochmorgen das Kontrastprogramm: In der Leitstelle von Vattenfalls Stromnetz- Tochter kündigte deren Chef Helmar Rendez für dieses Jahr 288 Millionen Euro an Ausgaben an, 85 Millionen davon für Innovationen und Ausbau des Berliner Netzes. Größter Einzelposten sei ein neuer Netzknoten in Charlottenburg für 72 Millionen Euro. Außerdem sollen in diesem Jahr die letzten Hochspannungsmasten in den Westbezirken verschwinden, während vor allem im Südosten störanfällige Kabel aus den 1980ern ersetzt würden. Die 8200 Holzmasten in Wohngebieten und Kleingartenanlagen sollen binnen 15 Jahren durch Erdkabel ersetzt werden, die ersten 1600 schon in diesem Jahr.

Voraussetzung ist, dass Vattenfall die Konzession für den Weiterbetrieb des Stromnetzes gewinnt. Der alte Vertrag ist Ende 2014 ausgelaufen, fürs laufende Jahr sei ein Vertrag mit der Finanzverwaltung geschlossen worden, sagte Rendez. Fürs nächste werde ein weiterer fällig, falls sich die Konzessionsvergabe weiter hinzieht. Man hoffe auf den Zuschlag im Laufe dieses Jahres – und auf einen neuen Stil im Senat, nämlich Kooperation statt Konfrontation. Dann werde man sehen, wie der Berliner Wunsch nach mehr Einfluss berücksichtigt werden könne. 2014 habe Vattenfall dem Land 150 Millionen Euro Konzessionsabgabe überwiesen. Wie viel das Unternehmen am Netzbetrieb verdient hat, wird noch berechnet.

Dank steigender Strompreise und eines milden Winters haben die Berliner zuletzt ordentlich zur Energiewende beigetragen: Der Stromverbrauch ist laut Vattenfall trotz steigender Einwohnerzahl so deutlich gesunken wie lange nicht – im Mittel von 2200 auf 2100 Kilowattstunden pro Haushalt. Stefan Jacobs

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